Ys IX ist der neueste Teil der Ys-Reihe. Das Spiel ist September 2019 in Japan erschienen und hat knapp weitere 2 Jahre für die westliche Veröffentlichung gebraucht. Anfang des Jahres 2021 erschien das Spiel für die PS4 und am 09. Juli 2021 auch für die Nintendo Switch, wobei sich die Japaner für die Switch-Version bis September 2021 gedulden müssen. Das Spiel ist ausschließlich in englischer Sprache veröffentlicht worden, wer also auf eine deutsche Übersetzung gehofft hat, wird enttäuscht. Dieser Test bezieht sich auf die Switch-Version des Spiels. Aus Spoilergründen wurden nur Bilder aus den ersten Spielstunden genommen.
Der Vorgänger als Basiswissen notwendig?
Ys IX knüpft an Ys VIII: Lacrimosa of Dana an, ist dennoch ohne Vorwissen spielbar. Der Grund, warum der 9. Teil der Reihe überhaupt stattfindet, sind die Geschehnisse aus den vorherigen Teilen. Adol Christin, der Hauptprotagonist, wird gefangen, weil er auf der verfluchten Insel "Isle of Seiren" von Ys VIII, beim Fall "Atlas Ocean" von Ys VI und "Altago" von Ys Seven involviert war. Somit ordnet sich Ys IX chronologisch nach Ys Seven an: Ys VIII > Ys VI > Ys Seven > Ys IX. Überraschenderweise verlor er dabei alle Waffen und Fähigkeiten, wobei dies der Serientradition entspricht. Die verantwortliche Person glaubt der ganzen Geschichte rund um das letzte Abenteuer nicht und sperrt Adol schließlich ein. Wie soll es anders kommen? Adol erwartet erneut ein Abenteuer mit vielen Kämpfen und Geheimnissen. Die Welt ist mysteriös, die Stadt sowie Charaktere mit Geheimnissen gefüllt und man findet kapitelweise immer mehr heraus. Größtenteils spielt Ys IX in der großen Stadt Balduq (dient also als Hub, so wie im 8. Teil die Insel). Erzählerisch springt das Spiel auch immer wieder hin und her – zwischen was, wird aus Spoilergründen nicht verraten –, so dass auch teilweise kurz vor Höhepunkten gewechselt wird. Das kann durchaus auch Spannung aufbauen, da man erst später erfährt, wie es weitergeht. So interessant wie die Geschichte um die Stadt Balduq auch sein mag, die Charaktere bedienen Klischees. Auch einzelne Dialoge können sich in die Länge ziehen. Viel mehr zur Story will ich nicht verraten, sie ist auf jeden Fall interessant genug, dass man ihr folgen mag und dient durchaus als Motivation für das Weiterspielen.
Gameplay
Wer den Vorgänger gespielt hat, kennt schon viele Gameplay-Aspekte dieses Spiels. Viele Elemente sind übernommen worden und finden nur in einer anderen Umgebung statt. Es gibt die bekannten Wellen an Monstern, die Tower-Defense-mäßig ablaufen: Mehrere Monsterhorden wollen einen Turm zerstören, pro Welle werden die Gegner stärker. Man kann im weiteren Verlauf des Spiels den Turm verstärken und weitere Schutzmechanismen bauen, wobei hier Flexibilität fehlt. Man kann die Objekte kaufen und erweitern, aber positionieren oder taktisch umbauen ist nicht möglich. Das endet damit, dass man die gesammelten Items einfach direkt ausgibt, da mehr einfach besser ist. Wer Tower Defense nicht mag, könnte das auch etwas ermüdend finden. Anders als im Vorgänger, gibt es in dem Teil nämlich wesentlich häufiger solcher Kämpfe, die nicht optional sind. Generell wirkt sich der Teil negativ auf die Motivation aus, insbesondere, weil es kapitelweise ähnlich abläuft – dazu später mehr.
Das ist aber nicht das Einzige, was man aus dem Vorgänger kennt, die gesamte Erkundungs-Mechanik ist ebenfalls übernommen worden. Man sammelt nun andere Gegenstände ein, aber generell ist es das gleiche Schema. Die Aufdeckung der gesamten Karte (und einzelner Gebiete) werden prozentual angegeben, alle 10 % gibt es eine Belohnung für den Erkundungsfortschritt. Diese Mechanik gibt es an sich für alle sammelbaren Items im Spiel, auch wenn die Intervalle für die Belohnungen sich unterscheiden.
Interessante Orte, meist mit einer Belohnung verbunden (auf dem Bild das blaue Dreieck mit dem Fragezeichen), werden, wenn man sich diesem nähert, automatisch auf der Karte eingezeichnet. Das fühlt sich manchmal wie Arbeit an, wenn ein Bereich später komplettiert werden will, da die Karte voller Markierungen ist. Größtenteils ist es aber motivierend, da genau angezeigt wird, ob ein Gebiet abgeschlossen ist, so dass das zeitintensive Suchen aller Ecken und Kanten wegfällt. Das ist insbesondere in Dungeons hilfreich, da Schatztruhen bei Annäherung ebenfalls eingezeichnet werden. Gäbe es diese Funktion nicht, könnte es eventuell demotivieren: Wenn bspw. 17 von 18 Truhen in der Statistik angezeigt werden, obwohl man schon stundenlag ein Dungeon abgesucht hat. Das ist ein nettes Quality of Life-Feature, denn so gibt das Spiel auch vor, wo man nochmal genauer hinschauen sollte. Dadurch, dass die Karte mit ihren Schätzen auch nicht von Anfang an angezeigt, sondern in Echtzeit bei der Erkundung gezeichnet wird, geht auch der JRPG-typische Erkundungsaspekt nicht unter. Zumindest kam nie das Gefühl auf, dass sich das Erkunden nicht lohnen würde. Anders als im Vorgänger, wird viel im Vertikalen erkundet, die Stadt Balduq sowie die Dungeons sind auch darauf ausgelegt.
Wie in einem JRPG üblich, bietet auch Ys IX einige Nebenmissionen, welche ebenfalls auf der Karte eingezeichnet sind. Diese sind oftmals mit der Hauptgeschichte verwoben und geben mehr Hintergrundinformationen über Balduq preis. Nur ist der Begriff Nebenquest hier sehr variabel, da das Spiel den Spieler eigentlich zwingt, diese zu machen: Pro Kapitel müssen 100 'Nox' gesammelt werden, diese erhält man primär durch Nebenquests. Nur wenn das geschafft ist, kann es mit der Hauptquest vorangehen. An sich hätte man die Nebenquests auch in die Haupthandlung einweben können.
Diese erwähnten 100 'Nox' können nerven, da man sie in jedem Kapitel neu holen muss, egal wie viele Missionen im vorherigen Kapitel abgeschlossen wurden. Denn am Ende eines Kapitels werden die Nox vollständig gegen Kristalle ausgetauscht und man fängt wieder mit 0 Nox an. Die Kristalle kann man für Materialien ausgeben, die bspw. für Waffenverbesserungen gebraucht werden.
Da das Spiel schematisch abläuft, ist der Ablauf eines Kapitels spielerisch auch oftmals vorhersehbar. Die oben genannten Wellen an Monsterhorden, im Spiel Grimwald Nox genannt, gibt es nämlich immer beim Erreichen von 100 Nox. Zusätzlich gibt es optionale Gebiete, die man mit weiteren 100 Nox erreichen kann, dafür muss man ebenfalls durch die Tower-Defense-Mechanik. Es gibt zwar noch eine Variante von Grimwald Nox, aber spielerisch unterscheiden die sich kaum. Das kann schon monoton werden, wenn einem die Mechanik nicht gefällt.
Kampfsystem
Gleich vorweg: Nein, das Kampfsystem ist nicht rundenbasiert, was eher typisch für ein JRPG wäre. Ys IX hat ein Action-Kampfsystem, was in Echtzeit abläuft und ist, neben der interessanten Geschichte, der Star des Spiels. Die Eingaben des Spielers werden direkt an den Charakter übertragen, ein Schlag wird in Echtzeit ausgeführt. Vier Skills können gleichzeitig ausgerüstet werden (entsprechend der vier Tasten des Controllers A, B, X, Y), weswegen hier auch genug Variation geboten wird. Generell lebt das Spielgefühl von diesen Skills, denn der gewöhnliche Schlag auf der Y-Taste verursacht an sich wenig Schaden und dient überwiegend dazu, um Skillpunkte zu sammeln, die für die Skills verwendet werden. Im Laufe des Spiels erlernt man mehr Skills – weit mehr als man zeitgleich auf die Buttons platzieren kann –, so dass jeder Spielerstil bedient wird.Für die taktische Würze sorgt das Schere-Stein-Papier-Prinzip. Jeder Charakter ist einem Element (von drei insgesamt) zugeordnet und viele Gegner haben mindestens eine Schwäche. Im Spiel kann man zwischen den drei Charakteren auf Knopfdruck ohne Warterei wechseln. Zusätzlich gibt es noch einen Spezialangriff pro Charakter, der verheerenden Schaden anrichtet. Dieser muss sich aber erst durch verursachten Schaden aufladen.
Wer den Vorgänger gespielt hat, dem kommt die Beschreibung bekannt vor. Das Kampfsystem wurde mit keinem Element erweitert und ist unverändert übernommen. Eventuell hätte ein neuer Kniff nicht geschadet, andererseits macht es weiterhin sehr viel Spaß.
Dungeons
Die Dungeons selbst sind recht simpel gestrickt. Man rennt durch Korridore, löst ab und an Rätsel, eliminiert Gegner und stößt am Ende auf den Endboss des Dungeons – zwischendrin gibt es manchmal auch einen Zwischenboss. Ein Speicherpunkt vor größeren Herausforderungen – wie eben diesen Bossen – verhindert, dass Frust aufkommt, und heilen den Spieler auch.
Die Bosse brauchen stets eine andere Herangehensweise und besitzen spezielle Schwächen. Oftmals sind sie einfacher, wenn man die zuletzt erhaltene Fähigkeit verwendet. In geringeren Schwierigkeitsgraden wird das vermutlich wenig ausmachen, in den höheren sollte man auf das Angriffsmuster achten und gezielt auf bestimmte Schwachstellen schlagen.
Metroidvania?
Das Spiel erinnert teilweise an ein Metroidvania (also eine Mischung aus Metroid und Castlevania), da die Erkundung und die Aufdeckung der Karte eine wesentliche Rolle spielen. Durch die Prozentangabe in Echtzeit wird dieses Gefühl verstärkt. Es ist aber nicht nur das, bspw. sind Gebiete noch versperrt, weil eine Fähigkeit fehlt. Auch Schätze in der Stadt sind vorerst nicht erreichbar und können im späteren Verlauf mit neuen Fähigkeiten eingesammelt werden.
Das Spiel vergibt Fähigkeiten auch an einzelne Charaktere, von den im Verlauf des Spiels immer mehr dazu kommen. Bspw. kann Adol sich zu bestimmten Punkten in der Nähe teleportieren und ein anderer Charakter kann gleiten. Glücklicherweise erben alle Charaktere im Spiel die Fähigkeiten, wenn sie sich einem im Rahmen der Geschichte angeschlossen haben, so dass ein Hin- und Herwechseln nicht notwendig ist. Nichtsdestotrotz ist es kein klassisches Metroidvania, dennoch könnten Fans des Genres, insbesondere wegen den Erkundungsaspekten, sich im Spiel wohl fühlen.
Das Spiel ist 2019 erschienen?
Grafisch sieht das Spiel nicht wie ein Titel aus, der im Jahr 2019 (bzw. 2021) erschienen ist. Auch die Inszenierung ist minimalistisch gehalten, wenn es Sequenzen gibt, dann sind diese meist sehr statisch und die Figuren stehen einfach nur da. Schlüsselmomente stellen eine seltene Ausnahme darf, auch wenn diese dennoch nicht an gewohnte Standards aus anderen RPGs heranreichen.
Problematischer sind die Framerate-Schwankungen (auch FPS, Frames per Second), die das Spiel insbesondere in der Stadt plagen. Hier sind es ab und an gefühlt zwischen 20 und 25 FPS, stabile 30 FPS werden selten erreicht. In den Dungeons ist die Framerate größtenteils stabil, kann aber auch mal fallen. In dem Spiel kann das störend sein, da doch immer wieder Sprungeinlagen eingestreut sind, welche durch schwankende Framerate zum Glücksspiel verkommen. Nichtsdestotrotz fühlt sich die Steuerung des Spiel direkt an, also der Input Lag (Reaktionszeit zwischen Eingabe des Controllers und Ausgabe am TV) ist und bleibt gering, so dass Eingaben auch bei niedriger FPS schnell verarbeitet werden. Spieler, die Probleme mit schwankenden Framerates haben, werden vermutlich mit der Switch-Version nicht glücklich, da es durchaus häufiger vorkommt. Man könnte auch sagen, dass es in der Stadt Balduq fast durchgehend mit 25 FPS läuft – wobei dies nur dem persönlichen Eindruck entspricht und nicht gemessen wurde. In Zusammenhang mit der doch altbackenen Grafik fehlt der Wow-Effekt diesbezüglich komplett. Auch an der höchsten Stelle des Spiels, die einen wunderschönen Ausblick auf die Stadt geben sowie pompös wirken sollte, verpufft der Effekt wegen der technischen Umsetzung völlig.
Dadurch, dass das Spiel größtenteils in der Stadt Balduq spielt, wirkt vieles sehr karg und gleich. Es gibt zwar abwechslungsreiche Dungeons, nichtsdestotrotz muss man sich eher auf karge Korridore einstellen. Die Charaktere selbst, wenn man die Designs mag, sehen dafür akzeptabel aus. Die Artworks, also die gezeichneten Bilder, die es auch in Sequenzen manchmal zu sehen gibt, sind da fast das grafische Highlight des Spiels.
Dafür ist Ys IX musikalisch abwechslungsreicher gestaltet. Im Vergleich zum Vorgänger fällt der Soundtrack noch rockiger aus. Die Musikstücke sind stets passend und motivieren, das Spiel bzw. die Gegend weiter zu erkunden. Leider bietet das Spiel keinen Surround-Sound, was insbesondere Balduq mehr Leben einhauchen hätte können.
Abschließend noch ein Vergleich zwischen Docked- und Handheld-Modus des Spiels:
Docked-Modus
Handheld-Modus
Die Performance war zwischen beiden Modi nicht großartig unterschiedlich. Das matschigere Bild des Handheld-Modus sieht auf der Switch selbst besser aus. Alle Bilder wurden mit der internen Funktion der Nintendo Switch gemacht, so dass die Bilder komprimiert wurden. Insgesamt ist es kein technisch schönes Spiel auf der Nintendo Switch.