Fans von Metroidvania-Games hatten in den letzten Jahren Grund zur Freude: Das Genre erfreute sich großer Beliebtheit und brachte Games wie Hollow Knight, Guacamelee, Axiom Verge, The Messenger, Dead Cells und zuletzt auch Bloodstained: Ritual of the Night hervor. Entwicklerstudio Bit Kit will mit Chasm mitmischen und bietet mit zufällig generierten Levels ein Novum im besagten Genre an. Ob das Game aufgrund dieser recht neuen Abwandlung überzeugen kann, soll dieses Review zeigen.
Die Geschichte ist einfach gehalten, erfüllt aber ihren Zweck und passt zum Setting: Man schlüpft in die Rolle eines jungen Soldaten im Königreich von Guildean, der das geheimnisvolle Verschwinden der Einwohner eines Minendorfes untersuchen soll. Schnell stellt sich heraus, dass böse Monster nahezu alle Dorfbewohner verschleppt haben und in den Minengruben gefangen halten. Hilfe bekommt ihr von Basden, ein Professor der Wissenschaftsakademie von Guildean, der euch begleitet und als Assistent dient. Grund genug, um in die Minen hinabzusteigen und wieder für Recht und Ordnung zu sorgen. Hierbei muss der Held insgesamt 6 verschiedene groß angelegte Welten, wie der grüne Abschnitt mit der Bezeichnung „Garten“ oder der prachtvolle Abschnitt namens „Schloss“, absolvieren, die bei jedem neuen Spielstart zufällig generiert werden. Das einzigartige Layout der Levels bleibt euch selbstverständlich erhalten, sofern ihr euren Spielstand nicht löscht. Löscht ihr euren Spielstand, so wird eine neue Spielwelt beziehungsweise ein neues Spiellayout erzeugt.
Um die Gefahr von bereits bekannten Umgebungen vorzubeugen, greift das Game auf unzählige vorgefertigte Bausätze in Form von begehbaren Räumen zurück, die einzeln voneinander abgetrennt sind, aber als Gesamteinheit eine der sechs Welten bilden. Diese Räume sind mit diversen Gegnertypen, Jump&Run-Einlagen, Items und auch Rätseln ausgestattet, die wiederum ebenfalls zufallsgeneriert sind. Die Rätsel sind einfach gestrickt, aber nett umgesetzt. Leider sind diese allerdings eher selten im Game vorzufinden. Schade! Speziell hervorzuheben ist die präzise Steuerung, mit der sich die Jump&Run-Einlagen gut meistern lassen.
Sollte euch das einzigartige Map-Layout beim Durchspielen besonders gefallen, so könnt ihr mit dem sogenannten „Seed-Code“ das zusammengesetzte Ergebnis mit Freunden oder der Community teilen. Eine nette Funktion, die durchaus für Speed Run-Fans recht interessant ist, da jeder Spieler schlussendlich die gleiche Grundbasis besitzt. Man merkt und liest es heraus: Das Entwicklerstudio Bit Kit setzt auf einen hohen Wiederspielfaktor und ist fest von diesem überzeugt. So umfasste das letzte Update für Chasm satte 86 neue Räume, auf die ihr euch freuen könnt. Allerdings hat das Game in dieser Hinsicht ein Problem: Die zufallsgenerierten Räume sehen „austauschbar“ aus, wobei dieser Umstand natürlich dem Wort „Zufall“ geschuldet ist und somit selbstsprechend ist. Hier liegt auch die Problematik, da das Genre der klassischen Metroidvania-Games von einer einzigartigen Spielwelt lebt, die „für sich“ spricht und Spieler an sich bindet.
Gerade weil Chasm eine Spielwelt anbietet, die rein zufällig zusammengestellt ist, hat das Game Probleme Spieler emotional zu binden. Davon unberührt bleibt aber die Hintergrundgeschichte, die stets gleich verläuft. Die Abfolge innerhalb der Geschichte bleibt ebenso gleich: Endbosse, Items und die wenige Dialoge, die für das Weiterkommen benötigt werden, treten für alle Spieler in der gleichen Reihenfolge auf. Einzig der Weg zum Erfolg ist für jeden Spieler unterschiedlich und zufallsgeneriert.
Grafisch erinnert Chasm stark an vergangene Zeiten: Die Welt erstrahlt im 16-Bit Pixelart-Look und ist mit seinen satten und kräftigen Farben hübsch anzusehen. Jeder Pixel, der in den bildlichen Texturen in mehreren Farbenverläufe vorhanden ist, trägt zu einem optisch positiven Gesamteindruck bei. Sei es die Eule am Wasserturm in der Winterlandschaft, das Wirtshaus oder einfach nur die Kerzenständer in den Häusern; die Optik kann überzeugen und versprüht regelrecht Charme. Liebhaber von Pixelart kommen regelrecht auf ihre Kosten. Zusammen mit dem guten Soundtrack, der sich an die Umgebung anpasst und sich nie in den Vordergrund drängt, ergibt sich eine Atmosphäre, die immer wieder begeistern und für eine längere unterhaltsame Gaming-Session sorgen kann - besonders bei den mobilen Versionen der Nintendo Switch und Playstation Vita.
Ist der Held unter Tage unterwegs, so beleuchten an den Decken befestigte Laternen die Umgebung und sorgen für entsprechende Stimmung. Auch die Hintergründe der Spielumgebung wurden nett umgesetzt, im Abschnitt „Katakomben“ sorgen beispielsweise Todesköpfe für ein schauriges Gefühl. Wären keine Monster und somit Gegner unterwegs, so würde man sich in der Stadt Karthas wohlfühlen. Karthas wird nämlich von einigen verhexten Tieren, Monstern, Pflanzen, Zombies und vielen weiteren Gestalten - einige sind im Verhältnis drei, vier Köpfe größer als der Held - heimgesucht, die uns das Leben schwer machen wollen.
Das Entwicklerstudio Bit Kit hat sich viel Mühe rund um das Gegnerdesign gegeben - und das merkt man deutlich. Beispiele gefällig? Freut euch auf einen rosa Bandwurm, der immer wieder in den Bodenlöchern verschwindet, um euch Sekunden später überraschen zu wollen. Oder ein verhexter König, der untot ist und euch mit Flugeinlagen regelrecht den Kopf verdrehen will. Die Endbosse sind schön umgesetzt und besitzen individuelle Angriffs- und Verteidigungsmuster, die ihr euch unbedingt einprägen solltet, um schlussendlich erfolgreich aus dem Kampf hervorzutreten.
Die Monster im Minenuntergrund passen sehr gut zum Setting und verfügen über spezifische Angriffsmuster: Die Goblins greifen zum Beispiel aus der Luft an und beschießen euch mit Feuerkugeln. Hier helfen nur Luftsprünge in Kombination mit gezielten Angriffsschlägen. Verhexte Geister hingegen greifen euch schnell mit einer Art Laserstrahl an, machen sich dann kurzfristig unsichtbar und tauchen an anderer Stelle wieder auf. Insgesamt sind über 90 verschiedene Gegnertypen im Game vorzufinden. Besonders der grimmige Fleischmann und die Zombies, mit einem Bumerang als Wurfwaffe ausgestattet, haben das gewisse Etwas in Sachen Aussehen und Kampftechnik. Schaurig schön gemacht!
Während am Ende von Chasm die Gegner sogar einen Tick zu schwach sind, sodass ihr fast schon zu „overpowered“ seid, ist der eine oder andere Gegner am Spielanfang für den Held fast schon zu stark. Mit der richtigen Ausrüstung und „angepasster“ Taktik für den jeweiligen Gegnertyp sind aber auch die Endbosse kein großes Hindernis - trotz schwerem Schwierigkeitsgrad. Thema Schwierigkeitsgrad: Eine Permadeath-Option ist integriert, wodurch auch Profis eine geeignete Herausforderung haben. Ansonsten ist das Game relativ einfach gestaltet und damit auch für Einsteiger geeignet. Später verfügt der Held über Zaubersprüche, die man zudem in Sachen Stärke beziehungsweise Schaden erweitern kann, um besser gegen die immer stärkeren Gegner zu bestehen. Nach und nach bietet Chasm immer mehr Gegnertypen - ein Bestiarium, also ein Lexikon aller Monster, ist im Game integriert und lädt zum Lesen und Nachschlagen ein.
Um nicht vorzeitig das Zeitliche zu segnen, helfen in brenzligen Situationen eine Art Peitsche, klassische Schwerter oder auch ein Hammer, die der Held entweder in der Spielwelt findet oder ganz klassisch beim Dorfhändler gegen Geld kaufen kann. Chasm bietet hierbei eine überschaubare Menge von Ausrüstungsgegenständen an, ohne viel Wert auf diesen Aspekt zu legen. Diese sind in der Zahl zwar begrenzt, aber nett umgesetzt und verlangen nicht großartig viel Zeitinvestitionen, um das Optimum an Ausrüstung und Fähigkeiten zu erhalten. Klassische Heilitems wie ein Apfel oder Brot, die kurzfristig einige Lebenspunkt einbringen, sind ebenfalls im Game vorzufinden und können nach dem Gegnertod aufgesammelt werden.
Ganz im Sinne eines Metroidvania-Games ermöglichen uns neue Fähigkeiten neue Möglichkeiten in der Spielwelt: So sind anfangs teilweise etliche Bereiche nicht zugänglich. Erst später sind diese ohne Probleme erreichbar und beinhalten manche Gegenstände für unsere Spielfigur.
Nettes Detail: Um überhaupt beim Händler Ausrüstung kaufen zu können, muss dieser erst im Spiel gerettet beziehungsweise in den Minen gefunden werden. Dies gilt auch für den Dorfschmied und den Alchemisten, ersterer versorgt uns mit Schwertern, letzterer hingegen mit Heiltränken. Andere Dorfbewohner stehen stets für einen kleinen Plausch bereit und liefern uns an so mancher Stelle wertvolle Informationen, um im Game Fortschritte zu machen - inklusive kleinerer Aufgaben wie Suchaktionen, aber auch Botendienste werden von uns verlangt. Verschiedene Infoblätter, die im Game kurz „hell“ aufflackern, um nicht übersehen zu werden, sorgen für Abwechslung und bieten für die Hauptgeschichte ein wenig Hintergrundwissen. Auch beinhalten sie Erzählungen über die Welt, deren Einwohner und ihre Gepflogenheiten. Witziges Detail: Bevor man in den Minenuntergrund hinabsteigt, ist ein Dokument mit den einzelnen Namen der verschwundenen Personen im Dorf zu entdecken, die Einwohner findet man später nach und nach.
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Das Menü in Chasm ist schlicht gehalten: Man findet alle relevante Informationen wie den aktuellen Levelstand auf den ersten Blick. Ein Itemwechsel ist sowohl schnell als auch einfach per Tastendruck umsetzbar, eine komplizierte Menüführung ist nicht vorhanden. Dies ist gerade für die Nintendo Switch- und Playstation Vita-Version ein Segen: Eine „portable experience“ vom Feinsten. Um sich nicht alle Orte merken zu müssen, die man später nochmal besuchen will, bietet das Game eine Markierungsfunktion auf der Karte an. Zudem ist auch eine Schellreisefunktion zu bestimmten Punkten verfügbar, die es euch sofort ermöglicht, zurück ins Dorf zu gelangen. Die Schnellreisepunkte sind allerdings etwas zu rar in der Spielumgebung verteilt. Ganz klassisch: Eine stets verfügbare Karte per Tastendruck sorgt für Übersicht.
Technisch läuft das Game sehr stabil. Heutzutage nicht immer selbstverständlich: Seit Release Ende Juli 2018 hat das Entwicklerstudio Bit Kid reichlich Support in Form von Updates in das Game investiert, darunter etliche Bugfixes und Anpassungen. Auch neue Funktionen, wie zuletzt ein Arcade-Modus oder eine deutsche Sprachoption, haben ihren Weg in das Game gefunden. Auch wichtig: Keine Version wird zurückgelassen. Berücksichtigt werden dabei sämtliche Plattformen auf denen Chasm bisher erschienen ist: PC, Nintendo Switch, Xbox One und PS4/PS Vita, wobei die Playstation-Versionen sogar Cross Buy sind. Während meiner Testphase lief das Game technisch einwandfrei, weder Abstürze noch andere Probleme technischer Natur sind mir aufgefallen. Auch sind keine erkennbare Framerate-Einbrüche im gesamten Game zu vermerken.
Das Game wurde mir per Reviewcode vom Entwickler Bit Kid zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!