Another Code R: Die Suche nach der verborgenen Erinnerung Review
Horcht mal für einen Augenblick in eurer tiefstes Inneres. Könnt ihr euch noch an den Juli im Jahre 2005 erinnern? Genau, es war jener Monat in dem Another Code: Doppelte Erinnerung für den Nintendo DS erschien. Woran wir uns bei diesem Spiel erinnern können, waren die genialen Rätsel, die eine unglaubliche Demonstration der Fähigkeiten der (zu der Zeit) neuen Nintendo-Hardware darstellten. Genauso können wir uns aber auch daran erinnern, dass dieser Titel leider nur eine sehr kurze Spielzeit bot. Bei Cing, dem Entwickler von Another Code, hat man sich wohl auch wieder an den Another Code erinnert und sich gedacht, dass es Zeit für einen Nachfolger wird, der wieder ein zentrales Thema hat: Erinnerungen.
Ein interaktiver Roman
Manchmal ist es doch sehr ratsam die Spieleverpackung durchzulesen, denn neben den typischen Werbesprüchen verraten sie etwas über den Inhalt des Spiels und schützen jeden potentiellen Käufer vor einem bösen Erwachen vor dem Spielbildschirm. "Ein bewegender interaktiver Roman!"...genau das erwartet uns auch in Another Code: R. Angesiedelt ist diese Geschichte nach den Ereignissen auf der Blood Edward Insel, die im Nintendo DS Abenteuer gespielt wurden. Zwei Jahre sind ins Land gezogen und Ashley glaubte die Ereignisse rund um den mysteriösen Tod der Mutter verarbeitet zu haben. Doch nun kommt alles wieder hoch. Ihr Vater, der felsenfest versprochen hatte mehr Zeit mit ihr zu verbringen, hat sich wieder voll in die Arbeit gestürzt, so das Ashley mal wieder bei ihrer Tante wohnen muss. Zwar ist ihr Vater Richard immer sehr bemüht, doch irgendwie klappt es nicht so richtig mit der Beziehung zu seiner Tochter. Um die Wogen wieder ein wenig zu glätten, lädt er sie zu einem Camping-Ausflug am idyllischen Lake Juliet ein. Widerwillig steigt Ashley in den Bus ein, der sie zu ihrem Vater bringen soll...kaum angekommen beginnt auch schon der Schlamassel. Nicht nur, dass ihr Vater nicht an der Bushaltestelle auf sie wartet, nein auch ihre Tasche wird geklaut. Ein toller Start in einen entspannten Urlaub!
Damit nicht genug, in Ashley kommen Erinnerungen wieder hoch, die ihr ganz klar symbolisieren, dass sie diesen Ort schon einmal aufgesucht hat. Im Alter von gerade einmal drei Jahren war sie mit ihrer Mutter am Lake Juliet. Aus welchem Grund die beiden an diesem Urlaubsort waren, weiß weder ihr Vater noch Ashley selber. Bei ihren Erkundungen der Ferienanlage entdeckt sie immer wieder neue Ecken und dabei kommen ihr immer wieder passende Erinnerungen an ihrer Mutter wieder hoch. Was also hat Ashleys Mutter hier getrieben? Ist das Geheimnis um die verstorbene Mutter immer noch nicht ganz gelöst? Dem Ganzen müssen wir an Ashleys Seite auf den Grund gehen.
Visual Novel
Um die Spielbarkeit von Another Code: R - Die Suche nach der verborgenen Erinnerung zu umschreiben bedarf es eigentlich nicht vieler Worte. Mit vielen Worten wird man schließlich im Spiel selbst überhäuft. Jede Person auf die man trifft hat eine ganze Menge zu erzählen und die Gespräche arten in ellenlangen Dialogen aus. Das ist aber gar nicht schlimm, denn so wird ein verdammt dichtes Netz um die gesamte Geschichte und den Schicksalen einer jeden Figur gesponnen. Tatsächlich spielt sich dieser Titel wie ein interaktives Buch, beim dem man lediglich selber Entscheidungen treffen darf und die einzelnen Kapitel durch das Lösen bestimmter Rätsel zusammenführt. Man trifft beispielsweise auf den kleinen Matthew, der von zu Hause ausgerissen ist, dessen Motivation bis ins kleinste Detail durch Dialoge erklärt werden. Während dieser Dialoge gibt es immer wieder für den Spieler die Möglichkeit einen eigenen Einfluss beizusteuern. Dies beschränkt sich aber lediglich auf ein "Ja" oder "Nein", was allerdings auf die Story keinerlei Einfluss nimmt.
Glaubt man bei Another Code: R Gespräche auch einfach so überfliegen zu können, befindet man sich auf dem Holzweg. Zwar wirken viele Gespräche unglaublich in die Länge gezogen und so dermaßen banal, tatsächlich aber hält fast jeder Dialog die ein oder andere Information bereit. Die zahlreichen Puzzelstücke, die hier in den Raum geworfen werden, ergeben zum Schluss das komplette Bild und zeigen auf, was nun dieser Ort mit dem Tod Ashleys Mutter zu tun hat. Die Dialoge zu Umgehen bedeutet bei diesem Wii-Titel übrigens auch, den gesamten Titel nicht tatsächlich zu erleben, den reduziert man das Spiel auf das Wesentlichste, dann bleibt eben nur das übrig: Ein Roman. Nur die Gespräche lösen die Spieltrigger aus und lassen das Abenteuer voranschreiten. Die einzige Abwechslung, die euch hin und wieder gegönnt wird, sind die Rätseleinlagen, die in der Regel mit der Wii-Mote und etwas Gehirnschmalz bestritten werden. Eine wichtige Mechanik die wie auf dem Nintendo DS auch in diesem Titel zu Tragen kommt, verbirgt sich hinter den Items. Auf den Streifzügen mit Ashley findet man immer wieder interessante Gegenstände. Ins Inventar werden sie aber erst aufgenommen, wenn die Situation es erfordert. Zum Glück aber befinden sich die passenden Items immer im unmittelbaren Umfeld des zu lösenden Problems, so dass man von langen Irrwegen verschont bleibt.
Ashleys Werkzeug in Another Code: R erinnert sehr stark an die Ausstattung im Nintendo DS Abenteuer. Sie hat wieder ein DAS, der aber in einer verbesserten Version diesmal sogar Fotos knipsen kann (die Analogie von NDS zum NDSi ist also unverkennbar). Neben diesem praktischen Verwalter für alle Items, bekommt sie diesmal von ihrem Vater allerdings noch ein so genanntes TAS. Dieses stark an die Wii-Mote erinnernde Werkzeug kann zum Knacken von Türschlössern genutzt werden. Die Art und Weiße wie dies geschieht ist in dem ein oder anderen Fall sehr clever und erinnert noch am ehesten an die starken Rätsel der DS Version, die die Hardware auf jede erdenkliche Art und Weise eingebunden haben. Dies ist auch die richtige Gelegenheit auf eben genau diese Problematik des Spiels einzugehen, denn während der Vorgänger auf dem DS eine relativ kurze Spieldauer hatte, waren die Rätsel das eigentliche Highlight. Bei Another Code: R sieht die Sache ganz anders aus, denn hier gibt es zwar immer wieder ein paar Denkaufgaben zu lösen, aber deren Güte lässt sich höchstens als Standard bezeichnen. Den selben Effekt wie einst Another Code: Doppelte Erinnerung kann Another Code: R nicht auslösen...wahrscheinlich will es das auch gar nicht.
Malerischer Urlaubsort
Auf der Wii kann man technisch so viel falsch machen, wenn man probiert etwas umzusetzen, was hier einfach Fehl am Platz ist. Daher kann man Cing als Entwickler von Another Code: R nur beglückwünschen, eine Art der Optik gewählt zu haben, die auch auf dem kleinen weißen Kasten eine richtig gute Figur macht. Das Abenteuer präsentiert sich in einer schönen Cel-Shading Grafik in der jede Charaktere mit Liebe zum Detail erstellt wurde und durch einfache Gesten mit Leben gesegnet sind. Der gesamte Flair ist sehr entspannt und drückt dem Roman so noch den malerischen Stempel auf. Dazu trägt auch der passende Sound in Form von Klavierklängen bei, der immer schön dezent gehalten ist und erst zu den passenden Momenten etwas aufdreht. Nur schade, dass man bei der Spielzeit von weit über 15 Stunden zu oft die selben Melodien zu hören bekommt. Da man einen Roman selber lesen muss, hat man auf eine Sprachausgabe verzichtet. Diese Argumentation macht zwar durchaus Sinn, doch bei einem so von Dialogen gespickten Adventure wäre eine Sprachausgabe nicht nur entspannter für den Spieler, mit guten Sprechern hätte das Spiel noch deutlich an Atmosphäre hinzugewinnen können.
Positiv:
+ spannende Geschichte
+ stimmungsvolle Inszenierung (gelungener Cel-Shading Look)
+ entspannte Spielweise mit der Wii-Mote
+ guter Umfang (Spielzeit von 15-20 Stunden)
Negativ:
- bei den vielen Dialogen hätte eine Sprachausgabe gut getan
- die Rätsel erreichen nicht das Niveau des Vorgängers