Rhythm Paradise Review
Mit dem DS wollte Nintendo ganz klar bestehende Grenzen durchbrechen und die Sichtweise bei Videospielen, sowohl auf Entwickler- als auch auf Konsumentenseite, verändern. Dass ihnen dies auch tatsächlich gelungen ist, wird in schöner Regelmäßigkeit durch die Veröffentlichung neuer Software bestätigt. Jüngstes Beispiel der eher ungewöhnlichen Videospiele für den Nintendo DS ist Rhythm Paradise. Bei diesem Titel steht das Rhythmusgefühl im Mittelpunkt und wurde zum elementaren Spielelement erkoren. Die durchgeknallten Köpfe, die sich auch schon für Wario Ware verantwortlich zeigen, haben wieder tief in die Trickkiste gegriffen und mit unscheinbaren Mitteln ein richtig unterhaltsames Stück Software geschustert, bei dem mit dem Stylus zum Takt geschnippt werden darf.
Für die Japaner dürfte der Titel nicht ganz so ungewöhnlich wirken, da diese bereits auf dem GameBoy Advance mit einem Vorgänger eingestimmt sind, für uns hier in Europa aber ist es mal wieder erstaunlich, wie ein so unscheinbares Konzept und so unscheinbare Optiken nur durch ihr Zusammenspiel greifen und wahres Suchtpotential auslösen können.
Ja, das bist du lieber Videospieler![/i]
Das Paradies der Klänge
Die Werkzeuge, um ein Paradies für Freunde des richtigen Takts zu erschaffen und diese in ein Videospiel zu integrieren sind erstaunlich einfach. Das Gameplay beispielsweise wird auf drei Eingaben reduziert. Die erste besteht darin im Takt der Musik auf dem Touchscreen zu tippen, während die zweite Eingabe durch ein Pressen auf dem Touchscreen und das Entfernen des Stylus im richtigen Moment erfolgt. Die dritte Variante der Eingabe benötigt schon etwas mehr Fingerspitzengefühl und kann zuvor in einem Tutorial ausgiebig trainiert werden, denn hier gilt es eine Schnippbewegung auf dem Touchscreen auszuführen. Das war auch schon alles, was man wissen muss, um sich in über 50 lustigen Minispielen rund um den Rhythmus auf eine gelungene Art und Weise unterhalten zu lassen. Das Spielen selber läuft in der "Buchstellung" des Nintendo DS, welches man ja bereits aus zahlreichen anderen DS-Titeln kennt.
Um Rhythm Paradise zu spielen, oder eher noch zu erleben muss man nicht einmal seine Augen öffnen. Einzig der Klang der Musik und das Erleben des Rhythmus reicht im Prinzip aus, um in den Minispielen zu bestehen. In kaum einem anderen Spiel nimmt die Musik eine so wichtige Rolle und sogar ein Element des Gameplays ein, wie in diesem DS-Werk. Jedes Lied oder jede Melodie gibt an, in welchen Takt nun eine der Bewegungen auf dem Touchscreen zu erfolgen hat. Wagt man es doch, seine Augen zu öffnen (was von uns wirklich empfohlen wird), erblickt man eine wunderbar skurrile Welt, die zusätzliche optische Hinweise auf den Takt gibt. Viele unter uns sind sicherlich nicht ganz so taktvoll und werden spätestens bei den härteren Minispielen über jegliche Hilfestellung dankbar sein.
So banal auch die "Missionen" in den Minispielen klingen, spätestens nachdem man sich in der Melodie verloren hat und ein gewisses Erfolgserlebnis verspürt, wird man von diesem Titel gepackt. Wenn man vom Oberhahn zum Picken im Takt gedrillt wird, zum Rhythmus das All von gefährlichen Aliens reinigt oder im Tanz als Gecko die Angebetete von sich überzeugt, dann macht alles wieder Sinn. Die Optik ist dabei so dermaßen reduziert, dass man schnell daran erinnert wird, dass tatsächlich bei einem Spiel das Gamplay bzw. die gesamte Idee dahinter einen viel wichtigeren Beitrag zum Erlebnis "Videospiel" leisten kann, als die reine Grafik. Wobei ganz klar gesagt werden muss, dass dieser reduzierte Stil auch einen großen Charme mit sich bringt.
Taktlos
Tik-Tak, Tik-Tak...ehm ja, mit Rhythmus im Blut, ist man für dieses Spiel wie geschaffen, doch Viele werden beim Einlegen des Spiels zum ersten Mal überhaupt ihre eigenen Fähigkeiten in dieser Kategorie auf die Probe stellen. Hat man eigentlich ein Rhythmusgefühl? Wie bei so vielen Nintendo DS-Titel wird dieses Spiel schnell in der eigenen Familie oder im Freundeskreis herumgereicht, um einfach zu prüfen, wer die besagte "Magie" im Blut hat. Darauf ist der Titel auch ausgelegt, denn gleich zu Beginn wird man aufgefordert ein eigenes Profil anzulegen. Für zusätzliche Profile gibt es zwar noch reichlich Platz, doch leider erfolgt kein Vergleich der Statistiken. Das kann aber auch egal sein, denn das eigene Profil bietet genügend Herausforderungen. Grundsätzlich gilt es nach und nach alle Minispiele freizuschalten, dazu ist es lediglich erforderlich jedes der Games nacheinander zu meistern.
Umso tiefer man sich in das Rhythmusparadies wagt, umso schwerer werden die Spiele, was man selbstverständlich auch von einem typischen Videospiel erwarten darf. Frust versucht der Titel aber im Keim zu ersticken. Anstatt jemanden dazu zu nötigen sich immer wieder dem selben Minispiel auszusetzen, erlaubt Rhythm Paradise nach mehreren verunglückten Versuchen, auch ganze Level zu überspringen. Irgendwie tickt das Spiel einfach sympathisch vor sich hin. Der eigentliche Takt, mit dem sich Rhythm Paradise quasi zum spielerischen Ohrwurm entwickelt, verbirgt sich hinter der Medaillen-Vergabe. Schafft man es ein Minispiel perfekt abzuschließen winkt eine Goldmedaille und zusätzlicher Bonus. Wurde man in seinen Fähigkeiten durch eine solche Medaille bestätigt, kann man sich sicher sein, dass man das Minispiel auch beherrscht. Richtig spannend wird es dann, sobald man vier Minispiele hinter sich gebracht hat und dann auf die "Remix-Varianten" trifft, die zwar eigentlich einen Endgegner darstellen, aber hier schon fast einer Party gleichkommen. Man freut sich darauf sein antrainiertes Können hier voll auszuspielen. Die Remixe bestehen aus genau den vier vorangegangenen Spielen und werden wild im Sekundentakt gewechselt. Alle Melodien greifen ineinander, während man selbst schnell darauf reagieren muss, und ergeben in der Summe ein gelungenes Ganzes. Es wird also einiges abverlangt, denn die Geschwindigkeit steigt stetig an. Nach jedem Minispiel, bekommt man übrigens einen Kommentar zu hören, der im Falle des Scheiterns sogar recht herbe ausfällt.
Das Plättchen-Spiel bildet einen sehr schönen Einstieg in die Welt von Rhythm Paradise.
Let the music in your heart
Wir sind unermüdlich und erwähnen gerne an dieser Stelle ein weiteres Mal, dass die Musik in Rhythm Paradise den Kern des Spiels bildet, daher ist die Frage nach der Güte der im Spiel gebotenen Musik unabdingbar. Den Gedanken in diesem Titel auch lizenzierte Musik aus den kleinen Boxen des Nintendo DS zu bekommen, kann man gleich abschmieren, auch wenn Nintendo im Fernsehen oder in anderen Medien die feine Frau Knowless von der Band Destinys Child als Werbefigur nutzt. Ihr Gesicht wollte sie wohl hergeben, aber anscheinend nicht ihre Musik. Recht so, denn irgendwie würde die RnB-Musik nicht ganz in das Schema der herrlich-verrückten Piepsmelodien passen (wobei böse Zungen sicherlich sagen würden, dass genau das die Musik ist, die Beyonce Knowless macht...). Die Melodien, die in Rhythm Paradise verarbeitet sind, wechseln schnell, sind nicht einzuordnen und machen teileweise einen Krach, wie man es von einem kleinem Baby kennt, dem gerade der Lutscher geklaut wurde. Genau dieses Zusammenspiel passt zum Titel und treibt den Spieler voran. Das gesamte Werk lässt sich als eine Einheit bezeichnen, bei dem zwar alles irgendwie einen gewissen Trash-Faktor hat, aber eben genau durch diesen zusammengehalten wird.
Positiv:
+ macht süchtig
+ über 50 Minispiele
+ simple Präsentation mit charmanter Art
Negativ:
- ein sehr spezieller Titel
- kein Mehrspieler
- teilweise frustrierend (wird aber teilweise vom Spiel selbst gedämmt)