UFC Undisputed 2009
Die Älteren unter euch werden sich sicherlich noch an den Film "Bloodsport" aus den 80´er Jahren mit Jean-Claude van Damme erinnern: Kämpfer mit den unterschiedlichsten Kampfstilen schlagen sich in einem illegalen Hinterhof-Turnier gegenseitig die Köpfe ein. Niemand hätte damals gedacht, dass ein solcher Sport einmal zu einem ernsthaften Unterhaltungsprogramm in der Sportszene werden würde. Doch die UFC, Kurzform für Ultimate Fighting Championship, erfreut sich seit Jahren wachsender Beliebtheit und beginnt zumindest in den USA, der WWE und dem Boxen langsam aber sicher den Rang abzulaufen. Höchste Zeit also, dass sich die Jungs von THQ dem Thema annehmen und ein angemessenes Spiel daraus basteln.
Tough enough?
Eine der Hauptdevisen von THQ dürfte dabei nicht kleckern, sondern klotzen gewesen sein. Ihr habt die Wahl aus sage und schreibe 80 (!!) Kämpfern, die sich auf fünf verschiedene Gewichtsklassen und insgesamt sechs Kampfstile verteilen. Neben den obligatorischen Modi Schaukampf, dem Online-Mehrspieler und den "Classic Matches", bei denen ihr unter gewissen Vorgaben Kämpfe der UFC-Historie nachspielen müsst, stellt der Karriere-Modus das Herzstück des Singleplayers dar: Als Neuling im Geschäft kämpft ihr euch an die Spitze der UFC-Weltrangliste. Im umfangreichen Editor stellt ihr dafür euren Traum-Kämpfer von Kopf bis Fuß selbst zusammen. Neben Nationalität, Aussehen, Ausrüstung und unzähligen Accessoires wie Tattoos habt ihr die Wahl aus den sechs Kampfstilen Jiu-Jitsu, Boxen, Kickboxen, Judo, Ringen und Muay Thai. Selbstredend bringt jeder der Stile andere Eigenschaften und Kampferfahrungen mit sich. Stehen bei Kickboxern hauptsächlich harte Tritte auf der Tagesordnung, sind Ringer eindeutig auf den Bodenkampf spezialisiert. Welcher Kampfstil euch am besten liegt, ist nur durch exzessives experimentieren herauszufinden - mit 100 Kämpfer-Slots steht euch dafür aber auf jeden Fall mehr als genügend Platz zur Verfügung.
Das Karriere-Ziel ist einfach: Durch erfolgreiche Kämpfe und hartes Training verbessert ihr stetig die Attribute eures Kämpfers, um schließlich gegen die besten der Welt bestehen zu können. Via Kalender stellt ihr dazu einen effektiven Trainingsplan auf die Beine, der sich aus Kraft-, Ausdauer- und Schnelligkeitstraining sowie Sparring zusammensetzt. Jede der drei Attribute ist nochmals in leichtes, mittleres oder intensives Training unterteilt, was besonders im Hinblick auf eure Ausdauer von großer Bedeutung ist. Doch dazu gleich mehr. Anstatt selbst Hand anzulegen, spielt sich das Training bis auf das Sparring passiv ab, sprich: ihr bestimmt, welche Attribute verbessert werden sollen, und so geschieht es. Keine Minispiele oder sonstige aktiven Einflüsse. Eure Aufgabe besteht also hauptsächlich darin, eine gute Balance zwischen den verschiedenen Kategorien zu finden, denn logischerweise kann nicht alles gleichzeitig praktiziert werden. Hier kommt die soeben erwähnte Ausdauer ins Spiel. Trainiert ihr in einer Woche intensiv eure Stärke, fehlen eurem Kämpfer vielleicht die Kräfte, um in der Folgewoche die Schnelligkeit zu verbessern, oder er geht im ungünstigsten Fall mit einer angeschlagenen Energieleiste in den nächsten Ranglisten-Kampf. Ohne regelmäßige Pausen und die richtige Mischung kommt ihr also nicht weiter. Die einzige Möglichkeit, aktiv auf eure Fähigkeiten einzuwirken, bietet das Sparring. Durch Kämpfe gegen Trainings-Gegner erlangt ihr Fähigkeits-Punkte, die ihr schließlich auf zahlreiche Attribute wie "Standing Offence" oder "Standing Defence" frei verteilen dürft.
Abseits des Octagons, dem sechseckigen Ring der UFC, kümmert ihr euch um lukrative Sponsoren-Verträge, die das Ansehen eures Kämpfers verbessern. Die Folge des Ruhms sind dann (nicht beeinflussbare) Foto-Shootings oder Interviews. E-Mails halten euch schließlich über die aktuelle Weltrangliste auf dem Laufenden und informieren über neue Sponsoren-Angebote oder Einladungen zu Trainingscamps.
Alles echt
Das größte Lob hat THQ zweifellos für das tiefgründige, herausfordernde und ungemein taktische Kampfsystem verdient. Durch die sechs verschiedenen Kampfstile ist kein Kampf oder Gegner wie der andere. Was bei einem auf das Ringen fixierten Gegner gut funktioniert, kann bei einem Muai Thai-Kämpfer wirkungslos sein. Bereits auf dem zweitleichtesten der fünf Schwierigkeitsgrade bieten euch die CPU-Gegner ordentlich Paroli. Die KI ist im Großen und Ganzen hervorragend gelungen und dürfte auch Singleplayer vor einiger Herausforderungen stellen. Negativ ist nur anzumerken, dass manche Kämpfer immer wieder gegen die gleiche Kombination anfällig sind.
Durch die Aufteilung der Kämpfe in stehende und liegende Phasen müsst ihr stets darauf bedacht sein, die Vorteile eures Kämpfers zu nutzen und den Anderen nicht zum Zuge kommen zu lassen. Als Ringer sollte man beispielsweise versuchen, den Gegner zu Boden zu werfen und durch einen Haltegriff zur Aufgabe zu zwingen. Boxer hingegen sollten derlei Versuchen ausweichen und den Gegner mit gezielten Schlägen auf Abstand halten. Logischerweise spielt dabei natürlich auch die reichweite von Armen und Beinen eine wichtige Rolle, und wer nicht aufpasst, fängt sich ruck zuck ein Quick-K.O. ein. Wie auch bei den realen UFC-Kämpfen kann der Kampf durch einen gezielten Schlag aufs Kinn bereits nach wenigen Sekunden vorbei sein. Ebenso gut ist es möglich, dass der Ringrichter den Kampf frühzeitig abbricht, weil ein Gegner wehrlos am Boden liegt. So kommt ihr selten über die zweite von insgesamt drei Runden hinaus, und auch wenn man die gesamte Zeit über klar im Vorteil war, kann ein entscheidender Schlag das Blatt für den Gegner wenden. Solch kritische Treffer werden optisch durch einen grauen Bildschirm und gedämpfte Töne verdeutlicht. Dann wisst ihr, dass entweder euer Gegenüber kurz vor einem K.O. steht oder ihr euch schnell in Sicherheit bringen solltet; die realistische Physik-Engine sorgt jedoch dafür, dass nicht jeder Schlag im Ziel landet, sondern Tritte und Schläge schon mal am Kopf vorbeigehen oder an der Deckung abprallen.
Dass eine solche Komplexität nicht ohne eine umfangreiche Steuerung zustande kommt, dürfte klar sein. Gut 30 bis 45 Minuten benötigt das sehr gute Tutorial, um allen UFC-Neulingen die etwas überladene Steuerung näher zu bringen. Während ihr die Schultertasten für hohe und tiefe Blocks sowie für verschiedene Schlag- und Tritt-Variationen nutzt, teilt ihr mit den vier Action-Buttons Tritte und Schläge aus. Ähnlich der Fight-Night-Reihe von EA kommt dem rechten Analogstick eine besondere Bedeutung zu. Damit nehmt ihr Gegner in den Clinch oder werft Sie zu Boden, um anschließend durch Viertel- und Halbkreisbewegungen zu versuchen, euren Kämpfer in die günstigere Position zu manövrieren. Dies gestaltet sich jedoch mitunter recht schwierig. Behält man in aufrechten Kampf stets die Kontrolle, neigen die Bodenkämpfe dazu, in hektisches Knöpfchendrücken und unkontrolliertes Rütteln am Analogstick auszuarten. Mit etwas Geschick und Konzentration gelingt es jedoch, mit dem R3-Button Aktionen zu kontern und in Aufgabegriffe umzuwandeln.
Wie ein Ei dem anderen
Grafisch kann UFC größtenteils überzeugen. Jeder der 80 Kämpfer ähnelt seinem Vorbild nicht nur äußerlich wie ein Ei dem anderen, sondern hat auch dessen typische Bewegungsmuster verpasst bekommen. Realistische Schweißtropfen perlen je nach Länge des Kampfes mehr oder weniger heftig auf der Haut, und Brustbehaarung, Bärte und Hautunreinheiten verpassen den Kämpfern ein lebensechtes Aussehen. Harte Kämpfe hinterlassen sichtbare Spuren wie Platzwunden, blaue Flecken, verlangsamte Bewegungen oder schweren Atem, und bei einem K.O. gehen die Kämpfer sprichwörtlich wie nasse Säcke realistisch zu Boden. Die Animationen sind dabei stets geschmeidig und besonders im Bodenkampf hervorragend auf die Bewegungen des Gegenspielers abgestimmt. Nur gelegentlich stören steife Übergänge oder eine ungenaue Kollisionsabfrage, die besonders in den Replays deutlich wird. Fäuste und Füße gehen mitunter schon mal sichtbar am Gesicht vorbei, obwohl der Treffer zu einem K.O. führte.
Den ein oder anderen Feinschliff hätte UFC noch bei Präsentation nötig gehabt. Über die wenigen und sehr ähnlichen Arenen kann man noch hinwegsehen, ebenso über die geringe Anzahl von nur drei Ringrichtern. Schmerzlich vermisst haben wir hingegen pompöse Kämpfereinmärsche samt Publikumsreaktion und eine umfangreiche Replay-Funktion. Auch die Siegesanimationen wiederholen sich zu oft etwas mehr Variantenreichtum hätte hier sicherlich gut getan. Das gleiche gilt für die englischen Kommentare, die sich zwangsläufig wiederholen, dies jedoch durch ihre packende und mitreißende Art mehr als wettmachen. Darüber hinaus gibt es beim Sound nur wenig zu meckern. Realistisch prallen Knochen auf Fleisch und Muskeln, sodass man unweigerlich bei harten Treffern zusammenzuckt.
Fazit:
UFC Undisputed 2009 macht es genauso wie im richtigen Leben: Langsam aber sicher wird es zur echten Konkurrenz. Und das nicht nur wegen den gut 80 Kämpfern und sechs verschiedenen Kampfstilen, sondern hauptsächlich wegen seinem ausgeklügeltem Kampfsystem, das eine intensive Einarbeitung erfordert. Die Move-Palette ist überwältigend, Kein Kampf ist wie der andere, jeder Kämpfer bietet eigene Vor- und Nachteile und die Auseinandersetzungen dulden keine Konzentrationsschwächen. Mit einem guten Treffer kann der Kampf vorbei sein, egal, ob ihr bisher dominiert habt. Diese ständige Spannung macht UFC besonders im Multiplayer zu einem echten Spielspaß-Hit, egal ob zu zweit am Bildschirm oder im Online-Modus. Auch grafisch gibts nur wenig zu meckern. Die Kämpfermodelle gleichen ihren Vorbildern wie ein Ei dem anderen und gehören wohl mit zum Besten, was es in diesem Genre gibt. Die Animationen sind geschmeidig und stören nur sehr selten mit etwas abgehackten Übergängen. Lediglich die Präsentation hätte etwas mehr Feintuning verdient. So gibt es gibt keine Kämpfer-Einmärsche und die Siegesposen und Animationen wiederholen sich immer wieder.
Größter Kritikpunkt ist zweifelsohne der auf Dauer eintönige Karrieremodus, was UFC besonders für Singleplayer uninteressanter macht. Teilt man seinem Charakter anfangs noch motiviert Attribute zu und schickt ihn in Sparrings, lässt die anfängliche Begeisterung schnell nach. Zu sehr wiederholen sich die Vorgänge, und dank fehlender, aktiver Trainingssessions seid ihr einen Großteil der Zeit in langweiligen Menüs unterwegs, erstellt Trainingspläne oder checkt eure E-Mails. Hier wäre definitiv mehr drin gewesen. Die Classic Matches sind eine nette Idee, belohnen ausdauernde Spieler aber lediglich mit kurzen Videoschnipseln. Zudem fordert das ausgeklügelte Kampfsystem durch eine dezent überladene Steuerung seinen Tribut.
Trotzdem: Wer ein realistisches Kampfspiel abseits der Smackdown vs. Raw, Tekken, Virtua Fighter oder Soul Calibur-Pfade sucht und sich gern in ein Kampfsystem richtig einarbeiten muss, ist mit UFC Undisputed 2009 gut bedient.
Positiv:
- herausfordendes, tiefgründiges und taktisches Kamfpsystem
- 80 Kämpfer
- 6 Kampfstile
- gute Steuerung
- klasse Grafik
- guter Kämpfer-Editor
Negativ:
- Karrier-Modus auf Dauer öde und damit für Singleplayer nur bedingte Langzeitmotivation
- nur eine handvoll Arenen
- Steuerung dezent überladen
- machmal Fehler in der Kolissionsabfrage