Ninja Gaiden Sigma
Die etwas Älteren unter euch werden sie sicher noch kennen, die guten alten Ninja-B-Movies der 80 Jahre: American Fighter bzw. American Ninja mit Darsteller-Wurst Michael Dudikoff in der Hauptrolle. Amerikanischer Soldat mit Kenntnissen in der asiatischen Kampfkunst Ninjitsu vermöbelt andere Ninjas nach Strich und Faden. Solche Filme (und die Teenage Mutant Ninja Turtles) waren der Grund, warum viele auf einmal diese Kampfkunst erlernen wollten und zu Tausenden in die Studios rannten. Ninjas sind einfach cool: schwarzer Anzug, scharfes Schwert, schnell, lautlos, tödlich und immer auf den eigenen Vorteil bedacht; der perfekte Einzelkämpfer. Seit diesen Tagen ist viel Zeit vergangen, und Dudikoff musste anderen Ikonen weichen. So zum Beispiel Ryu Hayabusa, Hauptdarsteller von Ninja Gaiden Sigma. Ein Ninja wie er im Buche steht. Ob der neueste Auftritt auf der PS3 überzeugen kann, erfahrt ihr in unserem Test!
Story und Spielablauf
Ninja Gaiden Sigma ist eine direkte Umsetzung des Xbox-Titels Ninja Gaiden Black, welches wiederum eine Erweiterung von Ninja Gaiden (ebenfalls Xbox) war und neue Gegner und Inhalte zu bieten hatte. Man kann mit Fug und Recht behaupten, das Tecmos Werk zu einem der besten Xbox-Titel überhaupt gehört und seinerzeit Bestnoten abräumen konnte. Zur Story: Ryu Hayabusa findet das Dorf des Hayabusa-Clans zerstört und im Chaos vor. Auf den Straßen liegen tote Ninja-Krieger, während feindliche Dämonen mit aller Macht versuchen, Ryu das Licht auszulöschen. Ziel dieses hinterhältigen Angriffs ist die so genannte Dark Dragon Blade, ein geheimnisvolles Schwert mit unvorstellbaren Kräften, das sich schon seit Generationen in den Händen des Hayabusa-Clans befindet. Ein mysteriöser Samurai namens Doku verschwindet schließlich mit der Klinge und lässt Ryu und das Dorf im Chaos zurück. Von nun an liegt es in den Händen des Spielers, der Spur der Täter zu folgen und die Klinge zurückzubringen.
Die überarbeitete Grafik bringt viele Details zu Tage: man beachte den kunstvollen Schwertgriff!
In den nun folgenden 15 bis 20 Stunden Spielzeit lasst ihr größtenteils das Schwert sprechen. Ninja Gaiden Sigma verbindet Action-Adventure mit Kampfspiel, ganz im Sinne eines God of War. So gehört es zu den Hauptaufgaben, Gebiete zu erkunden und Kisten zu entdecken, kleine, nicht sehr herausfordernde Rätsel zu lösen und dabei einen Gegner nach dem anderen auszuschalten. Die Entwickler haben dabei stets darauf geachtet, Abwechslung ins Spielgeschehen zu bringen. Ihr erkundet eine Stadt, unterirdische Katakomben, eine Militärbasis und geht sogar in einem Aquädukt auf Tauchstation. Jedes dieser Gebiete bietet dabei neue Herausforderungen und Gegner-Arten. Neben gewöhnlichen Ninjas und Soldaten mit MG´s und Raketenwerfern bekommt man es auch mit allerlei klauen- und waffenbestückten Monstern zu tun. Nach jedem absolvierten Kapitel werden euer Kampfverhalten und erhaltenen Punkte durch ein Rankingsystem bewertet.
Durch Ingame Zwischen-Sequenzen und gelungene Render-Filme wird die Story weiter gesponnen. Schade: die Render-Filmchen wurden nicht auf HD-Niveau hochgerechnet, sondern laufen lediglich in der alten Xbox-Auflösung.
Das Kampfsystem
Geschätzte 60 bis 70 Prozent des gesamten Spiels bestehen aus den beinharten Auseinandersetzungen und machen das Salz in der Suppe von Ninja Gaiden Sigma aus. Dass dabei zur Anwendung kommende Kampfsystem ist hervorragend gelungen und hat auch heute, einige Jahre nach dem Original, nichts von seiner Genialität und Faszination verloren. Die intelligent agierenden und in Gruppen angreifenden Gegner fordern alles von euch. Jeder noch so kleine Angreifer stellt eine potentielle Gefahr dar und kann Ryu das Lebenslicht in Null-Komma-Nichts auspusten. Auch von Fairness haben diese noch nie etwas gehört. Während ihr den Einen bearbeitet, fällt euch der Andere schamlos in den Rücken. Hier wird nicht gewartet, bis ihr mit einem Gegner fertig seid. Deswegen sollte euer allgemeiner Kampf-Rhythmus hauptsächlich aus Blocken und Kontern bestehen. Die Block-Taste wird im Verlauf des Abenteuers zu eurem besten Freund, ohne den ein unbeschadetes Vorankommen nicht möglich ist. Der Rhythmus jedes einzelnen Gegners muss analysiert werden, um im entscheidenden Moment den richtigen Treffer zu landen. Doch Vorsicht: auch die Gegner blocken eure Angriffe. Habt ihr die Basics jedoch erst einmal verinnerlicht, fegt ihr wie ein Wirbelwind über den Bildschirm, lauft an Wänden entlang und dreht halsbrecherische Pirouetten, sodass die Kämpfe etwas von der Anmut eines Balletts haben. Besiegte Gegner hinterlassen schließlich drei verschiedene Orbs: gelbe Orbs stellen eure Währung dar und werden zum Kaufen von Gegenständen benötigt, während blaue und rote Orbs eure Energie- bzw. Magieleiste wieder auffüllen.
Rachel ist in einigen Mission spielbar. Ihr Detailgrad weiß ebenfalls zu überzeugen, samt überzogener Brustphysik. Japaner eben!
Equipment
Aus insgesamt 8 Primär-Waffen kann im Laufe des Abenteuers gewählt werden. Bekannte Waffen wie das Schwert, die Nunchakus oder der Kampfstab sind ebenso vertreten wie neue Todbringer; unter anderem zwei Samurai-Schwerter, von denen Ryu in jeder Hand eines trägt. Für jedes dieser Spielzeuge steht eine extrem lange Liste an Moves zur Verfügung, bei denen es etwas dauern wird, bis man alle Kombinationen verinnerlicht hat. Tecmos Erfahrungen mit Beat´em Ups wie Dead or Alive kommen hier eindeutig zum Zuge. Um Gegner auf Distanz zu halten wird auf Wurfsterne, Bogen oder Nagel-Pistole zurückgegriffen. Der Bogen kann zum besseren Zielen auch aus der Ego-Perspektive abgefeuert werden.
Wer eine Lieblingswaffe für sich entdeckt hat, kann diese beim Händler gegen Geld aufrüsten. Mit jeder Erweiterung steigt das Move-Repertoire sowie die Durchschlagskraft der Waffe. Auch neue Items wie Energie-Fläschchen oder Munition für den Bogen werden hier aufgefüllt. Die Verwendung dieser Fläschchen wurde durch ein Kreismenü deutlich vereinfacht. Durch das Steuerkreuz bedient, kann damit während eines Kampfes Energie aufgenommen werden, ohne erst umständlich ins Hauptmenü wechseln zu müssen.
In den Leveln versteckte goldene Skarabäen tauscht der Händler gegen besondere Gegenstände, die es so im Spiel nicht zu kaufen gibt. Durch spezielle Armbänder kann man den Schwerpunkt auf unterschiedliche Eigenschaften legen: so lässt sich zum Beispiel die Angriffs- bzw. Defensivkraft verstärken, die Aufnahmefähigkeit von gelben Orbs vergrößern oder die Effektivität von Wurf- und Tritttechniken erhöhen. Es liegt an euch, taktischen Nutzen daraus zu ziehen, den es kann jeweils nur ein Armband angelegt werden.
Doch nicht nur mit roher Waffengewalt rückt man den Gegnern zu Leibe. Magische Ninpo-Techniken lassen spektakuläre Feuerbälle oder Blitze auf den Gegner niedergehen; Ein sehr effektiver Befreiungsschlag, wenn man einmal in die Enge getrieben wurde.
Auch Ryus Anzug weißt neue Details wie Laschen auf!
Wie es sich für ein Remake gehört, hat Tecmo die ein oder andere Neuheit eingebaut. Zum ersten Mal in der Geschichte von Ninja Gaiden kann man nun auch in die Haut von Lack- und Leder-Schönheit Rachel schlüpfen. In Extra-Missionen, die in die Story eingebunden sind, lasst ihr Rachels Kampfhammer sprechen und trefft auch auf den ein oder andere neuen Zwischengegner. Leider sind diese Zusatz-Missionen nicht sehr umfangreich ausgefallen. Sie spielen weder in neuen Gebiete, noch verraten sie wesentlich mehr über die Hintergrundstory. Alles in allem eine nette Dreingabe, die man sich aber auch hätte sparen können.
Steuerung
Ninja Gaiden auf der Xbox bestach vor allem durch seine präzise und direkte Steuerung. Glücklicherweise wurden diese Tugenden ohne Verlust auf die PS3 transportiert. Ryu reagiert blitzschnell auf eure Eingaben, und auch die umfangreichen Move-Kombinationen gehen ebenso wie spektakuläre Wandläufe oder Salti leicht von der Hand. Über den L1-Button wird geblockt, in Kombination mit dem linken Analogstick weicht ihr Angriffen aus. Normale und schwere Attacken werden über die Viereck- und Dreiecktaste ausgeführt, während der rechte Analogstick die Kamera kontrolliert, was danke der miserablen Kamera-Führung leider immer notwendig ist und während der Kämpfe öfters zu unübersichtlichen Situationen führt. Mit dem R1-Button wird die Kamera hinter Ryu neu zentriert. Auch die Sixaxis-Funktion wurde mit eingebunden. Magietechniken werden durch Schütteln des Controllers in ihrer Wirkung verstärkt.
Grafik und Sound
Seinerzeit war Ninja Gaiden eine wahre Augenweide, die sich auch heute noch sehen lassen kann. Tecmo hat die Grafik für Sigma komplett neu überarbeitet, HD-Texturen eingefügt und die ein oder andere Oberfläche aufgepeppt. Auch am Hauptcharakter sind die Neuerungen nicht spurlos vorbeigegangen. Ryu ist detaillierter als je zuvor, was vor allem der Darstellung seines Kampfanzuges zugute kommt. Lässt man die Kamera um ihn rotieren, fallen Details wie Laschen oder Wurfsterne auf, seine Waffe hängt detailliert an seinem Rücken und auch das Gesicht und die Armschützer wirken durch neue Texturen plastisch und echt. Ryus Animationen wurden komplett überarbeitet, sodass er sich wunderschön geschmeidig und leichtfüßig durch die Areale kämpft. Die gleichen Details kamen auch der spielbaren Rachel zugute. Auch die Gegner wurden überarbeitet, blieben jedoch von Design dem Original treu und bieten nicht so einen Aha-Effekt wie Ryu oder Rachel.
Das Geschehen läuft mit flüssigen 60 Frames über den Bildschirm und bietet sogar die maximale Auflösung von 1080p. Gelegentlich fallen Tearings auf, die den Gesamteindruck jedoch nicht sehr stören.
In Sprüngen konnt ihr Fernwaffen, wie hier den Bogen, auf die Gegner abfeuern!
Im Großen und Ganzen sieht Ninja Gaiden wunderschön aus, ein wirkliches Next-Gen-Feeling kommt jedoch nicht auf. Mit richtigen Grafik-Krachern kann sich Hayabusa nicht messen. Auch die Qualität der Texturen reicht von atemberaubend bis trist. Besonders in der Stadt bekommt man schon mal die ein oder andere fade Steinwand zu Gesicht.
Die Kampfgeräusche und Hintergrundmusik wurden eins zu eins vom Original übernommen und bieten keine großen Verbesserungen. Nach wie vor werden Kämpfe von treibender Elektro- bzw. Gitarren-Mucke untermalt und peitschen den Spieler zu Höchstleistungen an. Auch die Synchro ist unverändert geblieben, was jedoch kein Nachteil ist.
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Extra Spielmodi?[/b]
Um es kurz zu machen: Neben dem umfangreichen Singleplayer hat Ninja Gaiden Sigma nicht mehr viel zu bieten. Habt ihr das Hauptspiel beendet, wartet noch ein Missions-Modus auf euch, in dem, unabhängig vom Story-Modus, weitere Kämpfe ausgetragen werden können. Eine Online-Rangliste lädt schließlich die Leistungen des Spielers hoch, die er während des Singleplayers erreicht hat. So kann man sich mit Spielern auf der ganzen Welt messen.
[b]Fazit:
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Ninja Gaiden Sigma ist nach wie vor eine Wucht. Obwohl der Titel schon einige Jahre auf dem Buckel hat, kann er sich locker mit aktuellen Spielen messen. Auch wenn die Story nicht gerade einen Oscar verdient hat und das typisch japanisch angehauchte Setting mit einem Mix aus Ninja-Kultur, Militär-Technik und Mittelalter nicht jedermanns Geschmack sein dürfte; das Kampfsystem ist über jeden Zweifel erhaben und bietet Tiefgang und leichte Zugänglichkeit. Die Kombination von Techniken, Waffen und Magie ist unglaublich fesselnd und lässt euch mit Freude jede neu erworbene Fähigkeit oder Waffe ausprobieren. Egal wie oft man gegen einen bestimmten Gegner-Typen kämpfen muss, es kommt nie Langeweile auf. Die Feinde agieren geschickt, greifen in Gruppen an und parieren eure Schläge. Wer die Block-Taste und das geschickte Ausweichen nicht zu nutzen weiß, sieht den Game Over-Bildschirm öfters als ihm lieb ist.
Das ist auch der größte Kritikpunkt: Ninja Gaiden Sigma ist sehr schwer. Gelegenheitszocker werden sich an manchem Gegnern oder dank der miserablen Kamera frustrierenden Stellen die Zähne ausbeißen und die Flinte entnervt ins Korn werfen. Die mitunter ungünstig verteilten Speicherpunkte, von denen man nach einem Tod stellenweise ganze Abschnitt nochmals absolvieren muss, sind da nicht sehr hilfreich. Nur Frust-resistente und hartnäckige Zocker werden es in Ninja Gaiden weit bringen.
Tecmo nutzte die Power der PS3, um ihren Vorzeigetitel in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Sicher: im Vergleich zum Original sieht Sigma unverschämt gut aus, und auch mit aktuellen Titeln kann sich die Texturqualität an vielen Stellen messen lassen. Ryu sieht fantastisch aus und bewegt sich geschmeidig über den Bildschirm. Dennoch merkt man dem Titel durch die ein oder andere Triste Textur sowie die kaum überarbeiteten Gegner seine Ursprünge an. Auch die öfters auftretenden Tearings wären sicher zu vermeiden gewesen. Die Zusatzmissionen mit Rachel sind zwar eine nette Dreingabe, hätten aber auch genauso gut weggelassen werden können. Mitunter können sie sogar den Spieler nerven, der mit dem Kampfhammer nicht umgehen kann: dies ist nämlich die einzige Waffe, mit der Rachel kämpft.
Kenner des Originals sollten von der finalen Wertung einen Punkt abziehen, denn sehr viel neues hat Sigma nicht zu bieten. Einen Kauf sollten diese sich also genau überlegen. Wer Ninja Gaiden noch nie gespielt hat, muss hier einfach zugreifen, denn mit der PS3-Variante erhält man die Beste aller bisherigen Versionen.
Positiv:
- geniales Kampfysystem
- direkte Steuerung
- für das Genre sehr umfangreich (15 bis 20 Stunden)
- Bonus-Waffen und Bonusmissionen mit Rachel
- aufgebohrte Grafik
- Online Rangliste
Negativ:
- "nur" eine Umsetzung des Xbox-Originals
- Grafik sehr gut, aber kein direktes Next-Gen-Niveau
- verdammt schwer
- Bonus-Missionen mit Rachel finden in bekannten Arealen statt
- Zwischensequenzen nicht in HD-Niveau
- miserable Kamera aus den Vorgängern blieb erhalten
- deutsche Version ist geschnitten