Kororinpa im Review
Es war einmal vor langer, langer Zeit, als die Videospiele noch in den Kinderschuhen steckten und die Haare noch etwas länger getragen wurden. In diesen Zeiten mussten sich Kids noch andere Beschäftigungsmöglichkeiten suchen als Zocken, im Internet surfen oder Fernsehen. Eine beliebte Beschäftigung war das Murmel-Spiel. Sammlungen bunter Glasmurmeln und die verschiedensten Spielvarianten erfreuten Kinder auf den Schulhöfen dieser Welt... Diese Zeiten sind aber schon lange vorbei. Doch wie es immer so schön heißt: Trends kommen wieder. In unserem Fall auf digitale Art und Weise und mit außergewöhnlichem Namen: Kororinpa. Das Spiel mit der Murmel für Nintendos Wii hat unser kritisches Testlabor durchschritten. Was am Ende dabei raus kam und ob man doch wieder zur klassischen Glas-Murmel greifen sollte erfahrt ihr in unserem Review!
Von kinderleicht bis super schwer
Kororinpa ist ein klassisches Geschicklichkeitsspiel wie es im Buche steht. Die Entwickler versuchen erst gar nicht durch die Erfindung einer an den Haaren herbeigezogenen Story das Spielprinzip künstlich aufzublasen. Stattdessen legt ihr euer Profil an, wählt eine Kugel und ab geht's in den ersten Level. Eure Aufgabe ist dabei denkbar einfach: Bewegt eure Kugel möglichst schnell durch ein verwirrendes, frei schwebendes Labyrinth, ohne dabei herunter zu fallen. Damit allein ist es jedoch nicht getan. Im Level verteilte Kristalle müssen erst gefunden und eingesammelt werden, bevor ihr die nächste Stage in Angriff nehmen dürft. Logischerweise sind diese an den unmöglichsten Stellen platziert, sodass der Spieler gezwungen ist sein ganzes Balance-Talent auszuspielen. Während es ein Muss ist eine bestimmte Anzahl roter Kristalle einzusammeln, sind grüne Kristalle mehr als Bonus zu verstehen. Ein Einsammeln ist nicht unbedingt nötig, wer aber alle versteckten Bonusgegenstände frei schalten und die besten Highscores erzielen möchte sollte darauf nicht verzichten.
Dies allein macht jedoch noch keinen besonderen Titel aus. Der Clou an Kororinpa ist die außergewöhnliche Steuerung. Anstatt die Kugel direkt zu steuern, legt ihr deren Roll-Richtung durch Neigen und Drehen des gesamten Labyrinths fest - ein bereits aus Monkey Ball bekanntes Prinzip. Wird die Wii-Mote nach links geneigt rollt die Kugel nach links, neigt ihr die Wii-Mote nach rechts rollt sie nach rechts. Das gleiche Prinzip bei Kippen und Neigen der Wii-Mote nach hinten und vorn. Auf diese Art und Weise erwarten euch eine Menge knifflige Aufgaben in 50 Leveln und zusätzlichen Bonus-Gebieten.
Beim Design der Geschicklichkeitsaufgaben haben sich die Programmierer von Hudson Soft mächtig ins Zeug gelegt. Sind die Level anfangs noch kinderleicht zu bewältigen und dienen ideal zum Eingewöhnen, erwarten den Spieler auf höheren Stufen wahre Geduldsproben. Balanciert die Kugel über schmale Stege ohne vor dem Absturz schützende Leitplanken, lasst euch von Kanonen auf die nächste Ebene schießen oder bewegt spezielle Plattformen durch Neigen der Wii-Mote, ohne dabei die Kugel aus den Augen zu lassen. Auch verschiedene Untergründe machen euch das Leben schwer. Eis lässt die Kugel unkontrolliert hin- und her schlittern, Honig hingegen hindert euch mit seinen zähflüssigen Eigenschaften am zügigen Vorankommen. Die sehr gut gelungene und milimetergenaue Steuerung sowie eine realistische Ballphysik helfen aber mit etwas Geduld immer wieder aus solchen Situationen. Ein Sturz von der Plattform setzt die Kugel wieder an den Levelanfang zurück. Bereits eingesammelte Kristalle bleiben eurem Punkte-Konto glücklicherweise erhalten. Im späteren Spielverlauf werden aber auch Rücksetzpunkte aktiviert, die ein erneutes Spielen des kompletten Levels verhindern und den Frustfaktor niedrig halten.
Die Steuerung
Ein genauerer Blick auf die Steuerung zeigt, dass sich die Entwickler viele Gedanken um die Zugänglichkeit und Einfachheit gemacht haben. Innerhalb von einer Minute hat man das Spielprinzip begriffen und verinnerlicht. Außer einem beweglichen Handgelenk und 2 Knöpfen ist nicht viel nötig. Mit dem A-Knopf wird die Kugel an den Start oder den letzten Checkpoint versetzt. Sehr nützlich, wenn man sich einmal verkugelt hat und nicht mehr aus der verfahrenen Situation hinaus findet. Der B-Knopf aktiviert das Pause-Menü, in dem der komplette Level neu gestartet werden kann, die Optionen verändert werden oder aber auch eine recht nützliche Übersichtskarte aufgerufen wird. Versteckte grüne Kristalle sind so wesentlich einfacher aufzuspüren. Die eigentliche Steuerung erfolgt wie bereits erwähnt über Neigen und Kippen der Wii-Mote. Ein großes Lob an die Entwickler: die Bewegungserkennung arbeitet milimetergenau und sehr direkt, sodass man nie dem Gefühl erlegen ist nicht die Kontrolle zu haben. Ein Absturz ist so gut wie immer das eigene Verschulden. Doch es bleibt nicht beim simplen nach links und nach rechts kippen. Im späteren Spielverlauf kann es auch vorkommen, dass die komplette Wii-Mote innerhalb der Hand um die eigene Achse rotiert werden muss; ohne zu wackeln versteht sich. Für knallharte Aufgaben ist also gesorgt. Einen Kritikpunkt hat das Ganze jedoch: es ist nicht möglich, die Grundstellung der Wii-Mote nach eigenen Wünschen zu kalibrieren. Dies mag auf den ersten Blick eher unbedeutend wirken, tatsächlich kann es dadurch aber zu unnatürlichen und unangenehmen Verbiegung des Handgelenkes führen.
Ein Beispiel: ist die Wii-Mote parallel zum Boden ausgerichtet befindet sie sich im sogenannten Ruhepunkt, in welchem sich die Kugel nicht bewegt. Zur Orientierung wird am unteren linken Bildschirmrand ein künstlicher Horizont dargestellt. Haltet ihr die Wii-Mote wie gewohnt mit dem Daumen auf dem A-Knopf in der Hand, müsst ihr euer Handgelenk mitunter sehr stark nach vorne biegen, um die Kugel auch nach vorne Rollen zu lassen. Besonders bei Steigungen ist schnell die Schmerzgrenze erreicht. Es gibt zwar noch die Möglichkeit einfach umzufassen und eine andere Haltung anzunehmen, dies ist aber recht umständlich. In diesem Fall wäre es sinnvoll gewesen den Ruhepunkt seiner natürlichen Handstellung anpassen zu können und dabei genug Raum nach vorne zu lassen, um auch ohne Probleme die Kugel ins Rollen zu bringen. Auch ist uns an manchen Stellen eine ungünstige Kamera-Einstellung aufgefallen, welche das Koordinieren der Bewegung mitunter erschwert hat.
Von Spieldauer und Motivation
für weitere Abwechslung im Spiele-Alltag sorgt die Verwendung verschiedener Arten von Kugeln. Jede hat dabei unterschiedliche Attribute und ein anderes Aussehen. Von der Pinguin- über die Auto-Kugel bis hin zum klassischen Basketball oder Fußball sind viele skurrile Exemplare vertreten, die zusätzlich noch mehr oder weniger nervende Geräusche wie Bellen, Quietschen oder Hupen von sich geben. Unterscheiden tun sie sich hauptsächlich im Gewicht und dem Roll-Widerstand. Eine Anfängerkugel rollt beispielsweise gemächlich dahin und lässt sich sicher durch die Areale zirkeln. Wollt ihr einen neuen Zeitrekord aufstellen, sollte die Wahl jedoch auf eine schwerere und härtere Kugel fallen, die sich im Gegenzug jedoch wieder wesentlich schwerer beherrschen lässt. Wer alle Geheimnisse von Kororinpa erspielen will, muss geschickt kombinieren.
Nach und nach werden so die Level freigeschalten, geheime Spielwelten zur Verfügung gestellt und neue Musikstücke eurem Soundtrack hinzugefügt. Auch ein Spiegel-Modus wird nach erstmaligem Durchspielen verfügbar, welcher durch Spiegeln der bekannten Bahnen für neue Herausforderungen sorgen soll. Mehr Boni sind aber leider nicht vertreten.
Zweckmäßige Grafik und Sound
Grafisch haut Kororinpa nicht gerade mit der groben Kelle um sich. Wie bei solchen Puzzlespielen üblich werden die Level hübsch und bunt, aber nicht übermäßig prunkvoll präsentiert. Für Abwechslung sorgen verschiedene Level-Themen wie Wald, Bäckerei oder Großstadt; größtenteils handelt es sich dabei um animierte Hintergründe. In der Großstadt bestimmen beispielsweise nächtliche Autobahnen und Hochhäuser das Bild. Aber auch die Bahnen selbst wurden dem jeweiligen Thema angepasst: im Wald rollt ihr über Holz, während in der Bäckerei Zuckerstangen und Puddings herhalten müssen. Im Großen und Ganzen könnte Kororinpa grafisch aber auch ein Arcade-Titel für Xbox Live sein bzw. ein Freeware-Titel für PC, der durch mehr oder weniger einfache Level-Editoren erstellt wurde.
Der Sound präsentiert sich zweckmäßig und dudelt gemächlich im Hintergrund vor sich hin. Die Qualität der Stücke reicht dabei von Ohrwurm bis zu nervt mich schon nach 2 Minuten. Standard-Soundeffekte beim Einsammeln von Kristallen oder aktivieren einer Plattform sind nichts Außergewöhnliches. Den ein oder anderen dürfte dabei auch die verschiedenen Geräuschkulissen der unterschiedlichen Kugeln stören. Ein ständiges Miauen beim manövrieren eines Katzenballs im Ohr zu haben kann auf die Dauer recht nervtötend sein.
2 Spieler-Modus
Zur Freude vieler Multiplayer-Fans hat Hudson Soft einen 2-Spieler-Modus integriert. Besonders spielerfreundlich: ihr braucht nicht zwingend 2 Wii-Motes, um mit einem Freund auf Punktejagd zu gehen. Es genügt auch einen Nunchuck anzuschließen, welchen der zweite Spieler übernimmt. Auch die Wahl einer vertikalen oder horizontalen Bildaufteilung ist euch überlassen. Leider halten sich die Multiplayer-Modi in Grenzen. Einzig und allein um die Wette kann gekugelt werden. Wer zuerst einen Level beendet hat, gewinnt. Dennoch kann der Multiplayer für viele spaßige Stunden zu zweit sorgen.
Fazit:
Kororinpa ist ein grundsolides Puzzlespiel, wie man es für die Wii erwartet hat. Die kinderleicht zu erlernende Steuerung und das einfache Spielprinzip ermöglichen auch ungeübten Spielern einen schnellen Einstieg. Die Entwickler haben sich aber nicht lumpen lassen und einige knifflige Aufgaben integriert, die auch von geübten Joypad-Akrobaten einen ruhigen und geübten Umgang mit der Wii-Mote erfordern. Eine ausgewogene Lernkurve sorgt für wenig Frustmomente, unterschiedliche Level-Themen bringen einen Hauch von Abwechslung in die Knobel-Welt.
Leider ist der Spaß viel zu schnell vorbei. Rollt man lediglich durch die Level ohne groß auf Zeit oder versteckte Extras zu achten, sieht man bereits nach ca. 3 Stunden den Abspann. Die Hauptmotivation besteht dann nur noch darin, in den einzelnen Leveln alle Gegenstände einzusammeln und eure eigenen Bestzeiten zu unterbieten. Schade, dass Nintendo hier keine Online-Rangliste integriert hat. Auch werden zu wenig Bonusgegenstände angeboten um lange ans Pad zu fesseln. Der 2 Spieler-Modus ist unterhaltsam und spaßig, eine Menge Potential wurde hier aber leider nicht genutzt. Die zweckmäßige Grafik lässt sich anhand des simplen Spielaufbaus verkraften, dennoch wird man das Gefühl nicht los man könnte auch ein Freeware-Programm aus dem Internet oder einen Xbox Live Arcade-Titel vor sich haben. Lediglich die außergewöhnliche Steuerung sticht hier hervor, welche bis auf die mangelnde Kalibrierungsmöglichkeit voll und ganz überzeugen kann und eindeutig die besondere Stärke des Titels darstellt.
Kororinpa ist kein Titel für Ungeduldige. Vielmehr spricht es die Spieler an, die gern auf Highscore-Jagd gehen oder etwas zum Entspannen in den Abendstunden suchen. Ob die genannten Kritikpunkte dennoch einen Preis von 45 EUR rechtfertigen, liegt ganz bei euch.