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Es ist oft eine uninspirierte und halbherzige Angelegenheit, wenn ein Spiel einen Ableger in einem bisher fremden Genre erhält. Suikoden Tactics bestätigt das leider eindrucksvoll. [/head]
Schon immer war die Spielreihe Suikoden taktisch angehaucht, aber mit "Suikoden Tactics" hat sich Konami nun komplett auf dieses oft vernachlässigte Genre fixiert. Zugegeben, es ist einfach, auf bereits vorhandene Charaktere zurückzugreifen, aber ein gutes Spiel macht das noch lange nicht aus. Fangen wir von vorne an:
kein Charme, keine Substanz, keine Finger
Tactics spielt in der Welt von Suikoden 4 (in Japan: Rhapsodia 4) und wärmt die Story um die Spannungen zwischen Inselnationen auf. Viel Potenzial, viel verschenkt: Es gibt Runenkanonen, "Intrigen", Monster und den typischen stereotypen Kampf zwischen Gut und Böse. Mit ausschweifenden Dialogen und sehr unspektakulären Zwischensequenzen wurde versucht, die müde Geschichte voranzutreiben: Erfolglos. Tatsächlich verschlimmern die zähen Gespräche den belanglosen Hintergrund sogar noch, da kann die Sprachausgabe auch nicht mehr viel retten. Die wartet dafür mit überladenen und kitschigen Phrasen auf, sodass man oft den Eindruck gewinnt, die Entwickler wollten die Dialoge möglichst voll mit Sprichwörtern, Redewendungen und Füllwörtern stopfen. Leider ging das gründlich daneben, sodass unbeabsichtigte Lacher nicht zu vermeiden sind.
Nach dem netten Anime-Intro geht man vorerst hoffnungsvoll an die Charaktere heran, die aber nach wenigen Minuten aufgrund ihrer einseitigen und oberflächlich Konstruktion in der Belanglosigkeit versinken. Was die Leute da von sich geben, ist oft einfach nur peinlich und man fragt sich, für welche Zielgruppe der Titel entwickelt wurde. Auf der anderen Seite gibt es dann wieder Textpassagen, die man durchaus für voll nehmen könnte - bis ein weiterer, unnötiger Kommentar irgendeines Charakters alles wieder auf den Boden der Tatsachen schmettert.
Grafisch kommt dann der nächste Rückschlag, denn hier zeigt sich Suikoden Tactics mangelhaft. Die Texturen sind verwaschen, Bewegungsanimationen peinlich einfach gehalten - dazu sei noch erwähnt, dass die Figuren keine Finger haben.
Ganz wie zu PSOne-Zeiten gleiten unsere flachen Charaktere abgehackt Bewegungen über den Boden, Spezialeffekte sind spärlich gesät. Der einzige Lichtblick besteht in den gezeichneten Charakterbildern.
Weniger schlimm ist die Akustik, auch wenn wir Abwechslung vermisst haben. Dennoch hält sich die Hintergrundmusik so dezent, dass sie uns (im Gegensatz zu den stumpfen Darstellern) nie auf die Nerven ging.
Feuer, Wasser, Luft
Es geht taktisch zu, soviel kann man ja schon aus dem Titel ablesen. Die Kampfplätze gleichen einem virtuellen Spielbrett mit vorgegebenen Feldern - der Reihe nach wählt zunächst der Spieler einen Punkt, zu dem sich der Charakter bewegen soll, danach ist der Computer an der Reihe. Am Punkt angekommen werden dann Aktionen wie "Attacke" oder "Magie" ausgelöst. Erfreulicherweise lässt sich die Spielgeschwindigkeit im Menü einstellen - dennoch erwarten den Spieler einige Längen im Gameplay. Es zehrt an den Nerven, wenn unzählige Gegner (ohne, dass der Spieler selbst darauf Einfluss nehmen könnte) sich über die Darsteller von Suikoden hermachen und sich dabei selten auch noch Zeit lassen.
RPG-Liebhaber werden ihre Freude an den zahlreichen aufwertbaren Eigenschaften haben - jedes Mitglied der Truppe kann außerdem eine spezielle Eigenschaft erlangen und ausbauen.
Suikoden Tactics wagt wenig, bis beim Elementarsystem erstmals laue Innovationen durchschimmern: Einzelne Felder können Element-Attribute (Feuer, Wasser, Luft, Erde, Donner) zugewiesen werden, um einen strategischen Vorteil für spezielle Gegnertypen zu erzielen.
Hier gibt es die mangelhafte Gegner-KI zu bestaunen: Zu oft agiert der Feind so stupide, dass man sich als Spieler nur an den Kopf fassen kann. Beispiel: Ein Gegner weist einem Feld, auf das er sich einen Zug später bewegen wird, genau das für ihn unvorteilhafteste Element zu. Schwache Leistung...
Die Monster, Soldaten oder sonstige böse Typen beamen sich währenddessen freudig ohne Vorwarnung mitten auf's Spielfeld. Nicht von den fiesen Dingern erwischt zu werden, ist dann viel mehr "Glück" denn "Taktik".
Aber der Titel besteht nicht ausschließlich aus Kämpfen - man kann Städte "besuchen", um etwa Items zu verbessern. Wieso die Gänsefüßchen? Weil "besuchen" auf das Durchklicken von Texten mit unspektakulären Bildern bezogen ist. Das ist nicht mehr zeitgemäß, auch wenn unnötiges Herumlaufen von einer Stelle zur anderen dadurch vermieden wird. Hier gibt es auch eine Vielzahl an Sidequests zu erledigen, die aber selten komplex oder fordernd ausgefallen sind.
Gefallen haben uns besonders kleine Details, wie die Möglichkeit, einen Spielstand von Suikoden 4 zu nutzen und damit zusätzliche Charaktere freizuschalten.