Der T-wie-Tetris-Virus ist wieder da. Einige haben es geschafft, ihn zu besiegen, aber jetzt kehrt er nach jahrelanger Abstinenz auf dem DS zurück - aggressiv und ansteckend wie zu guten alten Gameboy-Zeiten
Im Voraus könnte man sich ärgern und schon mal ein "Abzocke" aus seinem Wortschatz herausfischen, aber mit der ersten Tetris-Reihe ist auch der Funken Ärger wie ausgelöscht.
Das Grundprinzip von Tetris sollten wir an dieser Stelle eigentlich als Allgemeinwissen voraussetzen, aber um die grauen Zellen etwas aufzufrischen: Blöcke in verschiedenen Formen, die immer aus vier einzelnen Steinchen zusammengesetzt sind, fallen vom Himmel und müssen so gestapelt werden, dass eine Reihe ohne Löcher entsteht. Mit "A" dreht man die Dinger nach rechts, mit "B" nach links. Besonders viele Punkte werden mit 2, 3 oder vier Reihen auf einmal zu löschen, erzielt.
Infektion
Im Grunde war es das.
Und das macht das Spiel zu etwas Besonderem: Tetris war und ist die Definition von komprimiertem, makellosem Gameplay. Es ist unausweichlich motivierend und erfreulich, Hunderte von Reihen abzubauen. Früher war es schwer, sich dieser Faszination zu entziehen, und bis heute hat Tetris kaum an Charme verloren.
Ein paar kleine Neuerungen gibt es:
Die Steine werden jetzt bereits vor dem Fall schemenhaft genau an dem Punkt angezeigt, an dem sie später aufkommen werden.
Mit einem einzigen Button kann man den aktuellen Block nun direkt ganz nach unten fallen lassen. Das spart Zeit und schont die ohnehin schon beanspruchten Finger.
Außerdem kann man einen einzigen Tetrimino über die "L"-Taste in seinen Vorrat verfrachten, um ihn bei günstiger Gelegenheit gegen den aktuellen Block zu tauschen. Das entschärft das Gefühl, jeden Stein unbedingt sinnvoll anordnen zu müssen, und erweitert Tetris um eine strategische Ebene. Sobald man gelernt hat, mit dieser Funktion umzugehen, will man den "Tetrimino-Container" nicht mehr hergeben.
Hektischer ist Tetris DS dennoch. Noch nie konnte der Puzzler so schnell gespielt werden: Sobald der halbtransparente Umriss des aktuellen Puzzleteils auf dem Boden angezeigt wird, drückt man ein paarmal nach links oder rechts und lässt den Tetrimino sofort runterfallen. Das alles dauert kaum länger als eine Sekunde - und danach geht es weiter. Dadurch ist das Gameplay anders als im Klassiker: Schneller, aber auch beeinflussbarer. Es dauert einige Zeit, bis man das "neue" System beherrscht, aber dann ist es - wie schon zu alten Zeiten - ein Garant für scheinbar endlose Motivation und puren Spielspaß.
Inkubation
Dass es sich nicht nur um ein aufgewärmtes Remake handelt, beweisen die neuen Spielmodi. Neben "Standard-", der eine schier endlose Rekordjagd verspricht, gibt es auch den "Druck"-Modus. Zwei Spieler (oder ein Spieler gegen den Computer) versuchen hier, den Gegner mit dem Auflösen von Blöcken nach oben oder unten zu drücken. Einer lässt die Steine also von oben herunterfallen, der Andere von unten (Tatsächlich ist das Spielfeld für beide Spieler gleich, die Steine fallen also nach unten).
In "Puzzle" geht es taktischer und entspannter zu. Nach und nach müssen hier ohne Zeitdruck Steine ausgewählt werden, die eine vorgegebene Reihe auslöschen sollen.
Unvoreingenommen wagen wir uns an den "Mission"-Modus, dessen Name nichts gutes verlauten lässt... sollte um die Tetriminos letztendlich doch noch eine epische Story aufgebaut werden!? Nein, keine Sorge. Die Mission beschränkt sich darauf, dass mit speziellen Steinen Reihen gelöscht werden sollen, ab und zu kommen auch noch Bedingungen wie "ohne Drehen" dazu. Der Zeitdruck macht das Ganze zu einer fordernden, unterhaltsamen Angelegenheit. So ganz in das Gameplay will sich "Fang" leider nicht einfügen. Man startet mit einem kleinen Quadrat, das nach oben scrollt. Nach und nach fliegen verschiedene Steine vorbei, die an dem Kernquadrat kleben bleiben. Durch Knopfdruck wird eine Zeitbombe aktiviert, die das komplette Gefüge explodieren lässt - wenn man die Blöcke geschickt neben vorbeifliegenden Metroids (Ja... Metroids in Tetris.) zerbersten lässt, gibt es Extrapunkte.
Erst in "Touch" kommt der fast schon vergessene Stylus zum Einsatz. Und zwar auf eine gähnend langweilige, uninspirierte Art und Weise: Übergroße Tetriminos sind chaotisch angeordnet und müssen via Touch-Control so gedreht oder verschoben werden, dass damit wie im Standard-Modus Reihen gelöscht werden. Das hört sich im ersten Moment gut an, aber das Spielprinzip ist viel zu langatmig.
Ohnehin wirkt dieser Modus wie eine Rechtfertigung, den Titel für den DS zu veröffentlichen. Schade, da wäre sicher mehr drin gewesen.
So minimalistisch wie das Spielsystem ist die Aufmachung von Tetris DS nicht. Nintendo greift ganz tief in die Retro-Kiste und lässt unzählige Charaktere aus NES- oder SNES-Klassikern wie Super Mario, The Legend of Zelda, Iceclimbers [...] mitsamt der zugehörigen Musik auftreten. Da spaziert dann auf dem oberen Screen etwa Link herum, oder Mario schlägt sich mit einer Hand voll Gumbas herum.
Sinn ergibt das nicht. Und es wird glücklicherweise auch nicht versucht, diese Gastauftritte irgendwie zu erklären, der Bezug zu Tetris fehlt gänzlich. Aber das ändert nichts daran, wie gerne wir uns an diese charmanten Titel aus vergangenen Tagen erinnern, und wie gerne wir minutenlang der simplen Zelda-Musik zuhören. Wie gerne wir Samus Aran beim Kampf gegen Metroids zusehen oder den durch Hyrule streifenden Link beobachten. Tetris DS ist so vollgepackt mit Retro-Titeln, dass es fast schon selbstfeiernd wirkt.
Mit der Soundkulisse von aktuellen Titeln kann Tetris allerdings nicht mithalten. So einprägsam die Stücke aus den alten NES-/SNES-Perlen auch sind, neu sind sie nicht. Und was soundtechnisch (auch für einen Puzzler) auf dem DS möglich ist, zeigt unter anderem Meteos. Abwechslung gibt es zwar genug, aber die Mischung ist nicht ganz glücklich gewählt. So gibt es beispielsweise im Wi-Fi Modus immer das selbe Stück zu hören. Zumindest eine geringe Auswahl wäre wünschenswert gewesen.
Auch grafisch läuft der Titel auf Sparflamme, aber das ist keine Überraschung. Der Spielraum für die Optik von Tetris mag vielleicht nicht groß sein, aber ganz ohne grafische Spielereien enttäuscht das Spiel dann doch etwas. Nintendo-typisch ist alles bunt und teilweise überladen, wobei die Spielfläche selbst aber immer übersichtlich bleibt.
Ausbruch
Der Multiplayer hat sich in die richtige Richtung entwickelt: Es ist möglich, zu zehnt (!) über ein Modul zu spielen. Alle möglichen Modi funktionieren über die drahtlose Verbindung, online sieht es nicht ganz so gut aus.
2Player ohne Items, 4Player mit Items und "Druck" sind die einzigen Modi, die über Nintendos Wi-Fi Connection online spielbar sind. Wieso man beispielsweise im Vier-Spieler Duell die Items nicht deaktivieren kann, ist unerklärlich. Items? Items. Bananenschalen, Rote Schildkrötenpanzer und Power-Sterne haben sich in den Puzzler verirrt und richten beim Gegner allerlei Schaden an. So sorgt die nervige Banane etwa dafür, dass eure sorgfältig gestapelten Steine komplett neu angeordnet werden, während das Pilz-Item die gegnerischen Steine in zehnfacher Geschwindigkeit herunterfallen lässt. Das ist zwar ziemlich lustig, wahres Können bleibt aber so in manchen Situationen auf der Strecke.
Im Onlinemodus werden zufällige Gegner ausgewählt, für einen Sieg gibt es Punkte und für eine Niederlage gibt es Punktabzug. Das war es auch schon. Das Punktesystem ist fair, da eine Niederlage gegen einen weniger guten Spieler in der Relation zu einem Spieler mit hoher Punktzahl auch kein so hohes Rating einbringt.
Es ist einerseits ein lobenswerter Vorsatz, den Onlinemodus so einfach und zugänglich zu gestalten, aber hier hätte es gerne mehr sein dürfen.