Auftrag 0: Befreie den Zielort von den Heaven-Smiles. Ein irres Lachen Stille. Dan Smith betritt den Zielort, erledigt eines der Monster mit einem emotionslosen Shit! Those bastards are breeding. Und der gute Dan hat Recht.
Seelenlose Stereotype, die politische Veranstaltungen stören indem sie sich in die Luft sprengen
Indem ihr zwischen 2 Richtungen vorwärts und zurück wählt, bewegt ihr die fast ohne Texturen ausgestattete Figur durch erste Räume. Ein im roten SM-Outfit gekleideter Typ hängt an einem Faden von der Decke herunter und eröffnet Killer7 mit den Worten: Meister, wir haben ein Problem.
Iwazaru, so der Name des Charakters, liegt richtig. Unser Problem sind die Heaven-Smiles: Seelenlose Stereotype, die es sich zum Lebenssinn gemacht haben, politische Veranstaltungen zu stören indem sie sich mitsamt den Opfern in die Luft sprengen.
Die Organisation Killer7 geht gegen diese Kreaturen vor Killer7 ist der Spieler.
Genauer gesagt ist der Spieler Dan Smith. Oder Kaede Smith. Oder Mask de Smith, oder... Aber fangen wir bei 0 an:
Der Auftragskiller Harman Smith hat sieben Persönlichkeiten. Dan Smith rechnet skrupellos ab und das im stilechten Anzug mit Krawatte, die je nach Level die Farbe ändert. Kaede, die einzige Frau im Team, schwebt barfüßig über den Boden das legere Kleid über und über mit Blut befleckt. Auf Knopfdruck schneidet sie sich die Pulsadern auf und eröffnet mit dem Blutregen neue Wege. Alle 7 wählbaren Charaktere verfügen über unterschiedliche Waffen, Eigenschaften und Spezialfähigkeiten. Um ein Hausdach zu erklimmen benötigt man den akrobatischen Coyote, das Betreten einer engen Nische erfordert den kleinen Con Smith.
Präsentiert wird das komplette Spielgeschehen in einem Cel-Shading Stil, der in dieser Art nie zuvor angewandt wurde. Texturen sind rar und wirken im Gesamtbild oftmals fast redundant. Die Grafik gestaltet sich hauptsächlich aus Farbverläufen an den Wänden und großen, ausgefüllten Flächen. Entgegen den manchmal unscheinbaren Umgebungen ist das Blut, welches getötete Monster absondern, besonders aufwändig animiert: Hunderte kleine Blutpartikel verschwinden vom Heaven Smile aus in alle erdenklichen Richtungen. Das Setting könnte unterschiedlicher kaum sein: Nicht nur, dass es einen Vergnügungspark, ein Restaurant oder eine Villa zu untersuchen gilt auch der Detailgrad schwankt extrem.
[head]Hass? Liebe? Ein Zwischending scheint nahezu unmöglich
[/head]
Während die Hallen im ersten Level teilweise noch komplett leer sind und eine dementsprechend triste Atmosphäre vermittelten, sieht es im nächsten Abschnitt schon ganz anders aus. Detailliertes Gras und japanisch anmutende Bauten sind eine wahre Augenweide, und es zeigen sich erstmals deutliche technische Sprünge.
Trotz alledem wirkt der Titel in sich homogen, und das, obwohl er gegen so viele bewährte Regeln verstößt.
Killer7 ist grundverschieden von dem, was man visuell sonst vorgesetzt bekommt. Stets behält die Darstellung ihr surreales Flair, wirkt befremdlich, verwirrend. Hass? Liebe? ein Zwischending scheint nahezu unmöglich.
Hervorzuheben ist auch die akustische Untermalung. Je nach Gebiet entsteht aus tiefer Stille eine beklemmende Mischung aus flüsternden, aufwühlenden Stimmfetzen, krachenden Klängen und melodischen Tönen, der für eine entsprechende Atmosphäre sorgt. Auf der anderen Seite dann wieder zarte, zerbrechliche Klaviertöne, belanglose Aufzugsmusik und eindrucksvolle Harfenklänge.
Die Sprachausgabe ist zwar in den Zwischensequenzen professionell, im Spiel jedoch sind die Stimmen der Restpsychen eine Sache für sich. Kalt, ohne jede Emotion vorgetragen und verzerrt gleichen die Stimmen einer Kreuzung aus Japanisch, Englisch und dem Gelalle eines Betrunkenen. Aus diesem Akustikbrei sprießen vereinzelt deutliche, tatsächlich "echte" Wörter heraus. Ein gewaltiger Schub für die befremdliche Atmosphäre, und mit das Beste, was man in der aktuellen Generation hören durfte.
Wie spielt sich das Ganze nun wirklich? Der Spieler steuert den Charakter, den er ganz einfach im Menü auswählt, mit einem ungewöhnlichen System durch die Hallen. Mr. (bzw. Mrs.) Smith laufen vorbestimmte Wege ab, dem Spieler bleibt nur die Wahl zwischen vor und zurück. Gelaufen wird mit einem einzigen Knopf. Stehen Charaktere oder liegen Objekte, die man untersuchen kann, am Wegrand, erscheint eine splitterartige Auswahl. Wo soll es hingehen? Mithilfe des Analogsticks wählt man einen neuen Weg, der wieder via Knopfdruck abgelaufen wird. Das Schienensystem ist zwar anfangs extrem ungewohnt - und erscheint in den ersten Schritten äußerst beschränkt - geht aber nach einiger Eingewöhnungszeit sehr locker von der Hand. Wider Erwarten behindert dieses Steuerungssystem das Gameplay nicht, da die Kameraposition stets festgelegt ist, bereichert die Steuerung das Spiel sogar in punto Übersicht. Durchquerte Wege werden in einer anderen Farbe dargestellt als unbekannte Richtungen.
Um die Heaven-Smiles zu erledigen, wird in eine Ego-Ansicht gewechselt. Da die Monster unsichtbar sind, muss zuerst die Umgebung gescannt werden. Nachdem die Kreaturen dann langsam auf dem Bildschirm sichtbar werden, gilt es die kritische Stelle, die sich anhand eines leuchtenden Punktes erkennen lässt, zu treffen. Nur dann geben die Gegner Blut ab Blut, das für das Aufleveln und Kurieren des Gesundheitszustandes benötigt wird. Besonders wenn mehrere Heaven-Smiles gleichzeitig auf der Bildfläche erscheinen, gestaltet sich das Gameplay zunehmend fordernd. Erfreulich sind hier die vielen verschiedenen Gegnertypen. Eine Vielzahl verschiedener Monster sorgt für abwechslungsreiche Spielstunden. Die Endgegnerduelle sind stets eine Herausforderung und begeistern besonders durch die ungewöhnlichen, innovativen Lösungswege.
Nur an wenigen Stellen kann man bezüglich des Schwierigkeitsgrades von fair nicht mehr sprechen besonders, wenn die sprenglustigen Kreaturen plötzlich von hinten auf den Spieler zuspringen. Die Rätsel hingegen sind nie wirklich schwer, wissen aber durch die unkonventionelle und abwechslungsreiche Darstellungsweise immer zu gefallen.
Dass sich Killer7 an so gut wie keine Norm aus gängigen Videospielen hält, dürfte bereits anhand der Bilder klar werden. Der Titel weist erfreulicherweise einige erfrischende und zugleich makabere Ideen auf. So folgt etwa auf den Tod der Spielfigur nicht einfach das Spielstand laden Menü. Es folgt eine Bestrafung der komplette Weg vom letzten Speicherpunkt bis zum Ort, an dem das Spiel zuletzt endete, muss zuerst mit Garcian Smith zurückverfolgt werden. In der zappelnden Papiertüte, die sich am Ort des Geschehens auffinden lässt, findet sich nichts geringeres als der Kopf des Charakters, mit dem das Spiel endete. Unbeschwert packt Garcian die Tüte in den Koffer, und um den Charakter wiederzubeleben, ist stupides Knöpfchendrücken gefordert.
Wer steckt hinter Killer7? Wieso spricht der abgetrennte Kopf, den man im Wäschetrockner findet? Wer ist Iwazaru, wer ist Travis? Zu Beginn der ersten Mission wird der Spieler ohne Rücksicht ins eiskalte Wasser geworfen.
Es bildet sich eine Flut von Informationen, mit der man förmlich überwältigt wird. Scheinbar weiß jeder, was da gerade abgeht warum weißt Du es nicht? Erst nach einiger Zeit kristallisiert sich die Besonderheit von Killer7 heraus: Die Story entwickelt sich nicht von selbst, sondern auf die Art und Weise, auf die der Spieler Informationen aufnimmt und bewertet.
[head]Scheinbar weiß jeder, was da gerade abgeht warum weißt Du es nicht?
[/head]
Belanglose Aussagen stehen bei Dialogen im Vordergrund, während essentielle Daten unauffällig in Nebensätze gefasst oder beiläufig erwähnt werden. Nutzlose Informationen sind äußerst geschickt mit relevanten Bruchstücken der Geschichte verflochten man muss zwischen richtig und falsch separieren, zwischen relevant und irrelevant.
Der Grafikstil, der Sound, die Steuerung, die Dialoge Killer7 fühlt sich anfangs so befremdlich an wie kein anderes Spiel zuvor. Erst wenn nach einiger Zeit die Steuerung locker von der Hand und man Zugang zu den Charakteren erhält, dann ergibt das Konzept Killer7 Sinn.
Wer sich Mühe gibt, wird die latente Gesellschaftskritik von Travis wahrnehmen. Wer sich auf die Dialoge einlässt wird verstehen, welche Geschichte hinter dem abgetrennten Kopf steckt.
Alle Fragen werden nicht geklärt, einige Dinge bleiben scheinbar sinnlos scheinbar? Um alle Details aufzunehmen ist es anzuraten, einen zweiten Durchgang zu wagen. Storymäßig geht Killer7 von Organhandel über Gewaltorgien bis hin zu Sex über, eine makabere Zusammensetzung mit einigen beklemmenden Überraschungen.
Atmosphärisch bewegt sich dieses ambitionierte Projekt auf ausgesprochen hohem Niveau. Je nachdem, wie man selbst die Story, die Dialoge und die Rätsel aufnimmt gestaltet sich auch das Gefühl mit dem man Killer7 spielt anders. Mit drei Worten würde es sich wohl am ehesten mit verstörend, verwirrend und surreal zusammenfassen lassen. Iwazaru stellt euch mit den stetig identischen Satzanfängen auf eine Geduldsprobe, die Rätsel scheinen oft bewusst simpel gestaltet. Liebe Killer7 oder hasse Killer7 aber gib dem Spiel eine Chance dazu.