Die inzwischen achte Inkarnation des beliebten Fun Racers, dessen Originalversion auf dem altehrwürdigen Super Nintendo vor mehr als 20 Jahren das Licht der Welt erblickte, wird von Spielern sehnsüchtig erwartet und von Nintendo als Heilsbringer und Verkaufsmotor für die darbende Wii U positioniert. Kann das Spiel diese Erwartungen erfüllen? Das werden wir in unserer Review nun näher beleuchten.
Eine Erklärung zu Mario Kart sollte eigentlich an dieser Stelle nicht nötig sein, aber falls jemand doch das letzte Vierteljahrhundert unter einem Stein gelebt hat, gibt es hier eine kurze Erklärung (und der Rest kann diesen Absatz überspringen): Die gesamte Belegschaft aus dem Pilz-Königreich tritt zu einem Go-Kart-Rennen über verschiedene Pisten inspiriert von Spielen aus der Mario-Reihe an. Aufgeteilt ist das Spiel in drei Rennklassen, nämlich 50cc, 100cc und 150cc, wobei die Motorisierung über die Geschwindigkeit und die Schwierigkeit der Computer-Gegner entscheidet. Es gibt jeweils vier Cups mit je vier Strecken und daneben existieren auch noch vier Retro-Cups die aber allesamt aus Rennstecken aus älteren Teilen der Serie bestehen.
Auf den Rennstrecken befinden sich Boxen mit Fragezeichen; fährt man durch diese hindurch, erhält man ein Power-Up, welches je nach Art einem unterschiedliche temporäre Vorteile wie Geschwindigkeitssteigerung (Pilz), Unverwundbarkeit (Stern) oder beispielsweise Homing-Missiles (Roter Schildkrötenpanzer) verschafft.
I believe I can fly!
Mario Kart 8 ist der erste Vertreter des Spiels auf der Wii U und natürlich bringt diese Version auch wieder etwas neues mit sich, nämlich die Gravitation. Konnte man bisher ganz normal auf Strecken und durch kleine Seen schwimmend fahren oder aber auch mit einem Paraglider fliegen, so kommt in diesem Teil die Antigravitationsmechanik hinzu: Bestimmte Abschnitte der Strecken hebeln die Grenzen der Physik aus und man kann auf diesen Abschnitten ohne Probleme kopfüber fahren. Die Karts überfahren jeweils vor diesen Strecken einen besonderen blauen Streifen, der die Reifen der Karts in Antigravitations-Luftkissen verwandelt. Anschliessend verhält sich das Kart auch anders. Während auf der normalen Strecke ein Rempler mit einem Gegner einen verlangsamt, bringen Kollisionen im Antigravitationsmodus einem Extraschub. Auf der Strecke selbst sind Beschleunigungspylonen eingebaut, wenn man diese anrempelt, beschleunigt das Kart auch.Wer jetzt denkt, dass er oder sie wegen des Kopfüber-Fahrens eine Kotztüte bereithalten muss, kann beruhigt werden: Die Perspektive bleibt für den Fahrer gleich, auch die ausreichend breite Fahrbahn sorgt dafür, dass die Umgebung, die zeitweise Kopfüber, seitlich oder sonstwie steht, nicht zu sehr irritierend wirkt. So kann man sich wie gehabt stark darauf konzentrieren die Ideallinie mit Powerslides zu halten. Spielerisch bringt es natürlich auch etwas, denn man kann die gegnerische Spieler als Beschleunigungsfaktor ausnutzen. Weitere Möglichkeiten zur Beschleunigung sind wie immer der Pilz und Windschatten der vorausfahrende Gegner.
Viele der Strecken sind nun mit Rampen an den Seiten gespickt, die den Antigravitationsmodus einschalten und es so ermöglichen, an Wänden entlang fahren zu können. Natürlich sollte man wie in jedem Teil der Serie jede Strecke genau studieren um die kürzeste und schnellste Variante zu finden.
In diesem Teil auch mit von der Partie sind Gleitschirme, womit das Kart (oder Motorrad) für eine geraume Zeit durch die Luft segeln kann. Die Auswahl der Gleitschirme erlaubt die Länge des Segelflugs zu beeinflussen, denn es gibt durchaus Strecken im Spiel wo man nur mit der richtigen Kombination aus Gleitschirm und Charakter auf einen höheren Teil der Rennbahn aufsetzen kann. Diese Option ist ein Import aus Mario Kart 7 für den 3DS und Nintendo hat sich auch bei einem Item aus dem Teil bedient: Der Sieben, bzw. der Acht: Bekommt man dieses Item, hat man acht Items zur Verfügung, die in einem Kreis um das Kart wirbeln. Darüberhinaus hat sich Nintendo auch der Kritik an dem "unfairstem" Item im Spiel angenommen: Dem blauen Stachelpanzer. Dieses gemeine Miststück erlaubte dem Schlusslicht eine Art Homing-Missile loszutorpedieren, die auf dem Weg zum Erstplatziertem des Rennens alles was sich im Weg befindet, wegräumt. Der Erstplatzierte hat keine Möglichkeit diesem Panzer auszuweichen, da er von oben auf das Kart einschlägt. Somit funktioniert weder ein nach hinten geschossener grüner oder roter Panzer oder aber die Banane als Abwehr.
Der Einsatz des Panzers in Mehrspielerpartien verursacht oft Streit und Argumente, da er sehr taktisch und berechnend eingesetzt werden kann. Nintendo hat sich in Mario Kart 8 eine Gegenmaßnahme einfallen lassen: Die Tröte (In Ermangelung einer besseren Beschreibung). Dieses neue und sehr nette Item löst eine Schalldruckwelle aus, welche alles in einem Umkreis von mehreren Metern vom Boden fegt. So kann man die Tröte nicht nur dafür benutzen, um anrempelnde Gegner einfach wegzupusten, sondern auch Schildkrötenpanzer jeglicher Art, die akustisch angekündigt werden, können so abgeschmettert werden. Für rote Schildkrötenpanzer braucht man ein wenig Timing und Gefühl, damit man die Tröte zum richtigen Zeitpunkt losfeuert. Um den blauen Schildkrötenpanzer abzuwehren, kann man nun ganz entspannt sein, denn das gute Stück fliegt für eine Sekunde über dem Kopf des Fahrers bevor es einschlägt. Sobald man sie sieht kann man nun locker und entspannt die Tröte nutzen und wunderbar - weg ist das blaue Biest.
Online: Yes we can!
Nintendo hat sich viel Mühe gegeben, den sozialen Aspekt von Mario Kart zu verstärken. Haben bisherige Teile das Online-Spiel eher stiefmütterlich behandelt, geht Nintendo bei Mario Kart 8 in die Vollen: Ihr könnt im neuen Teil der Serie nicht nur vor dem Fernseher gegen oder mit euren Freunden spielen, sondern auch über das Internet gegegen wildfremde Menschen. Nintendo teilt die Welt dabei in zwei Regionen auf: Global und Regional. Bei globalen Matches werden Spieler in der gesamten Welt gesucht und bei regionalen nur solche aus Deutschland. Es wird in der "Lobby" möglich sein mit vorgefertigten Phrasen zu kommunizieren, ob das Mikro und ein echter Chat funktioniert, stand noch nicht fest. Da zum Zeitpunkt des Testes offensichtlich kaum jemand online war, konnten wir nicht näher beleuchten, wie lagfrei und schnell das ganze vonstatten geht. Ihr habt beim Start eines Onlinematches die Möglichkeit eine Strecke zu wählen die euch gefällt (von 3 vom Server vorgeschlagenen Strecken) und gewählt wird wahrscheinlich dann diejenige, die von allen Teilnehmern am meisten präferiert wurde.Ein weiterer sehr interessanter Aspekt von Mario Kart 8 ist, dass es nun einfacher sein wird, eigene Turniere (Tournaments) zu veranstalten. Ihr könnt das Turnier nicht nur benennen, sondern es auch per Code privat schalten, einen Zeitraum für das Turnier und die Tage an denen gespielt werden soll, festlegen. Das ist natürlich besonders interessant für einen großen Freundeskreis mit entsprechend vielen Wii U Mario Kart 8 Fahrern oder aber einer Community wie Consolewars, die nun ab sofort ohne zu großem Aufwand ein eingenes Turnier aufsetzen kann. (Was wir übrigens machen werden!)
Natürlich hat Nintendo das Miiverse nicht vergessen: Ihr könnt nach jedem Match die Highlights sehr einfach hochladen. Das Spiel schneidet automatisch die besten Szenen des Rennens zusammen und macht ein ansprechendes kleines Video daraus (man hat die Wahl zwischen verschiedenen Längen, 30 Sekunden ist der Standard). Mario Kart fragt auch nach ob ihr das Video auf Youtube hochladen möchtet, dazu müsst ihr eure Login-Daten angeben und der Rest wird vom Spiel erledigt. Austesten durften wir das zum Zeitpunkt der Review noch nicht, da die Funktion nicht freigeschaltet war. Interessant ist auch, dass Mario Kart das Video dynamisch erzeugt, ihr könnt also auch im Nachhinein wählen, wer im Fokus des Videos stehen und welche andere Teilnehmer des Rennens erscheinen sollen. Auch die Art worauf sich das Spiel konzentrieren soll, ist auswählbar. Ermöglicht wird das dadurch, dass Mario Kart 8 nicht einfach ein Video aufzeichnet, sondern anscheinend die logischen Daten des gesamten Rennens speichert. Dadurch kann es dynamisch euren Wünschen entsprechend ein Video aus den besten Events im Rennen zusammenschneiden.
Scharfe Kante
Mario Kart 8 ist der erste Teil der Serie der in HD erscheint. Alle anderen Titel bisher haben (natürlich) eine geringere Auflösung und so sind wir gespannt gewesen, wie Mario Kart den Sprung in die optische Neuzeit schafft. Das Spiel sieht im Kontext von Mario und dem Pilzkönigreich natürlich erwartungsgemäß comicartig aus - und natürlich benötigt man in diesem Umfeld nicht High-End Grafiktechniken wie Global Illumination oder beispielsweise Subsurface Scattering für eine bessere Optik bei menschlicher Haut. Nintendo hat sich auf das Wesentliche konzentriert und das sind eine gute Comic-Optik plus eine hohe Bildwiederholfrequenz. Im Falle des Fun-Racers beträgt diese konstante 60fps - Framerateneinbrüche konnten wir beim besten Willen nicht ausfindig machen. Wer sich noch an Mario Kart 64 erinnert, weiss noch, wie störend solche Einbrüche sein können. Die 60fps kommen aber mit einem Preisschild: Das Spiel hat keine Kantenglättung. Im Klartext heisst das, dass sämtliche Ecken und Säume mit Treppchen versehen sind. Das Antialiasing fehlt. Mich persönlich stört das nicht, im Gegenteil, dadurch ist das Spiel gestochen scharf und hat einen Look den man eher von Spielen auf der Playstation kennt (und das ist nicht negativ gemeint), aber wir sind uns sicher, dass es den ein oder anderen geben wird, dem die fehlende Kantenglättung die Tränen in die Augen treiben wird. Hier zeigt sich wohl die Limitierung der Hardware der Wii U, die die 60FPS bei Antialiasing wohl nicht mehr geschafft hätte.Die Animationen der Figuren innerhalb des Spiels sind reichhaltig, die Strecken sind abwechslungsreich (startende Flugzeuge, auf die Strecke einschlagende Feuerbowser, Kühe, ...) und knackig, und die musikalische Untermalung des Spiels ist wesentlich besser als in früheren Teilen wo die Musik zunehmend zu einem störenden Gedudel neben dem Krach der FX-Geräusche wurde.
Kommen wir zu den Computergegnern im Spiel: Diese sind im 150cc Cup angemessen schwer und fahren fast zu gut. Nichts ist schwerer für einen Programmierer als einen Computergegner, dem alle nötigen Daten vorliegen, nicht perfekt zu machen und Nintendo schafft es in dieser Version des Spiels sie ausgewogener zu gestalten. Vergessen sind die Rubberbanding-Computergegner aus alten Tagen, die neuen Computergegner nutzen ihre Items relativ effektiv und durch die Tröte für den Erstplatzierten fühlt man sich auch nicht mehr allzu hilflos gegen einen blauen Stachelpanzer.
Multiplayer an einem Bildschirm funktioniert auch problemlos und auch hier hat Nintendo etwas verbessert: Wenn man neben dem Wii U Gamepad alte Wiimots benutzt, kann man diese nun auf Digitalkreuzsteuerung (anstelle der unsäglichen Bewegungssteuerung) umschalten. Dies war in der Wii Version nicht möglich.
Eine Sache die ich an dieser Stelle noch nicht mit absoluter Gewissheit verfizieren kann (da mir noch goldene Cups im 150cc fehlen) ist die Annahme, dass es als letzten Gewinn alle Cups gespiegelt geben wird.
Ich finde es zwar gut, dass die Strecken gespiegelt sind, würde mir aber wünschen, dass Mario Kart 8 noch einen geheimen weiteren Cup beinhaltet, mit neuen Strecken, die wirklich nur für diejenigen freigeschaltet wird, die wirklich alle goldenen Cups in ALLEN Klassen gewonnen haben.
Und die letzte Sache noch bevor wir zum Fazit kommen: Nutzt Mario Kart das Wii U Gamepad sinnvoll und in einer innovativen Weise? Die traurige Antwort: Nein. Das Wii U Gamepad ist wieder einmal nur sinnlos und der absolute Hohn (add insult to injury) ist es, dass die Standardansicht auf dem Display die Hupe ist. Hupe? Ja, es gibt eine Hupe in Mario Kart. Die anderen Ansichten beinhalten die Karte mit den Köpfen der gegnerischen Spielern und deren Position im Rennen. Diese Informationen waren in anderen Teilen der Serie (vom SNES Mario Kart angefangen) direkt auf dem Fernseher ablesbar. Wieso habe ich ein Problem damit, dass diese Informationen nun nur noch auf dem Gamepad angezeigt werden? In einem Rennspiel wo jede Millisekunde eine Fahrentscheidung abverlangt wird, ist es einfach nicht möglich, seinen Blick vom Fernseher auf das Gamepad abzuwenden. Nintendo beweist hiermit eindrucksvoll, dass vorhandene Hardware nur weil sie da ist, nicht unbedingt neue Spielprinzipien bewirken. Vielleicht hätte man die Hardware wirklich besser nach der Software designen sollen, so wie der Analogstick beim N64-Controller wegen der Anforderung von Mario 64 (voll 3D, 360°) erfunden wurde.