In einem Punkt unterscheidet sich Final Fantasy stark von den meisten Videospielen: Anders als viele Nachfolger-Titel, die ihre Erzählungen aufeinander aufbauen, wirft Final Fantasy stets die vorangegangene Spielwelt samt Charaktere über Bord und fängt als Tabula rasa von Vorne an. Trotz der albernen Namensgebung ergibt so ein Final Fantasy XIII-2 dann durchaus Sinn, da ein Final Fantasy 14 oder 15 erneut nichts mit dem 13ten Ableger zu tun haben würde. Um also die bereits etablierte Welt und die bekannten Figuren beizubehalten, müssen wir schon bei dem Namen „Final Fantasy XIII“ bleiben. Da Square Enix aber nun mit der sogenannten Fabula Nova Crystallis-Saga eine Trilogie anstrebt, kommt das finale Kapitel der eigenständigen Rollenspiel-Reihe mit dem Namen Lightning Returns: Final Fantasy XIII auf uns zu. Ein lohnender Abschluss? Auf alle Fälle bringt der dritte Teil das Ende der Welt mit sich - Wie es also auch immer ausgeht: Final Fantasy XIII endet hier und jetzt.
Eine Frau mit Klasse(n)
Eines muss man Square Enix lassen: Sie haben keine Scheu vor Experimenten. Final Fantasy XIII-2 spielte sich ganz anders als noch der Vorgänger und auch Lightning Returns: Final Fantasy XIII traut sich alles erneut auf den Kopf zu stellen. Anstatt nun in einer Gruppe oder also Duo unterwegs zu sein, ist die rosahaarige Heldin Lightning nun auf sich allein gestellt. Nach einem 500 jährigen Schlaf wurde sie rechtzeitig vor dem Ende der Welt noch wach, auserwählt von Gott um auf einem heiligen Kreuzzug so viele Seelen wie möglich zu retten, bevor Nova Chrysalia und seine Bewohner im Chaos untergehen. Dafür hat sie 13 Tage Zeit, danach wird die Welt mit den geretteten Seelen neu geboren. Da die Menschen hier nicht altern, begegnet Lightning aber auch ihren alten Gefährten wieder, wie etwa Hope, welcher ebenfalls auserwählt wurde, um ihr über Funk stets auszuhelfen. Das ändert aber nichts daran, dass der frisch ernannte Messiahs in den Kämpfen gegen allerlei Monster auf sich allein gestellt ist. Dementsprechend setzt Final Fantasy hier nun auf ein Action-basierendes Kampfsystem, um aus Lightning eine Eine-Frau-Armee zu machen. Der Spieler übernimmt also nun die direkte Kontrolle über eine Figur, weswegen nun auch manuell geblockt, ausgewichen und angegriffen wird. Aber keine Sorge: Die Taktik kommt hierbei nicht zu kurz.
Lighting Returns gibt dem actionlastigeren System vor allem mit erfrischenden und überraschend vielseitigen Anpassungsmöglichkeiten die richtige Tiefe. Zwar ist Lightning ganz allein, wechselt aber mit sogenannten Schemata die Kleidung und somit auch die Klasse. An jedes Schemata sind eigene Ausrüstungsgegenstände und Fähigkeiten gebunden, sodass man im Kampf im Grunde über drei verschiedene Charaktere verfügt, die sich beliebig und sofort auswechseln lassen. So kann man einen Kampf als Rotmagier mit einigen Feuerbällen eröffnen, beim Gegenangriff zum Stillen Wächter wechseln, um blocken zu können, nur um als Drachenritter im nächsten Moment zurück zu schlagen. Jede Klasse hat dabei eine eigene Energieleiste, die sie für den Gebrauch ihrer Angriffe benutzt und diese regeneriert sich natürlich, sobald man auf ein anderes Schemata wechselt. Somit kommen auch alle drei Klassen ständig zum Einsatz und fordern daher ein gewisses Geschick, damit alles gut zusammen passt. Da man die einzelnen Fähigkeiten, Waffen und Schmuckgegenstände nach Belieben austauschen und anpassen kann, hat der Spieler so unglaublich viele Möglichkeiten seinen eigenen Spielstil zu finden, vor allem weil man sich ständig neue Klassen über Geschäfte hinzukaufen kann. Da sich die Kämpfe auch sehr direkt und flüssig steuern, machen die Konfrontationen mit den zahlreichen Monstern in der sterbenden Welt durchaus Spaß.
Keine Zeit, keine Zeit
Das Problem ist allerdings, dass es kaum Grund gibt sich in Kämpfe zu stürzen, es sei denn es wird von der aktuellen Aufgabe verlangt. Zwar erhält man für das erfolgreiche Vernichten von Gegnern wie üblich Geld, Gegenstände und Erfahrungspunkte, allerdings gibt es kein Level-System. Ja, richtig gelesen: Erfahrungspunkte werden nicht dafür genutzt, um im Level aufzusteigen und dadurch stärker zu werden. Das ganze hängt auch mit dem neuen Zeit-System zusammen, da der Spieler tatsächlich unter konstantem Druck steht möglichst viele Aufgaben bis zum Ablauf der 13 Tage zu erledigen. Dementsprechend geben nur abgeschlossene Quests Bonuspunkte auf bestehende Statuswerte, die angesammelten EP lassen sich wiederum entweder für Heilgegenstände ausgeben, dafür die Zeit kurz anzuhalten oder um ein Schnellreisesystem ohne Zeitverlust zu nutzen. Wer nämlich sich in der offenen Spielwelt bewegt oder Züge nutzt, verliert kostbare Zeit, sodass man mit den Erfahrungspunkten das nur ein wenig aufhalten kann. Insofern hat man nie das Gefühl eine Belohnung durch Siege zu erhalten, wenn man seine gewonnen Punkte nur dafür ausgibt einem konstanten Strom von Zeitverlust entgegen zu rudern. Das wird noch drastischer, wenn man bedenkt, dass ein verlorener Kampf eine Stunde auf der Uhr vorstellt. Ohne klare Hinweise wie stark wohlmöglich der nächste Gegner sein wird, durchaus ein weiterer Grund Kämpfe eher zu meiden - Ein absoluter Motivationskiller für das Ausprobieren und dem Willen aus Fehlern zu lernen. Ein ähnliches Problem besteht nun auch mit dem Open World-Aspekt des Spiels. Dieser Ansatz ist besonders in einem Rollenspiel sehr lobenswert und eigentlich auch schön in Lightning Returns: Final Fantasy XIII umgesetzt, da alle Hauptquests von Anfang an verfügbar sind, sowie die vielseitigen Gebiete, in denen sie spielen. Von futuristischen Städten, zu grünen Hügeln oder monsterverseuchten Wüsten - irgendwie ist die Welt Nova Chrysalia einfach hübsch gestaltet und würde auch dazu einladen all die versteckten Geheimnisse zu erkunden. Aber genau hier macht einem der konstante Zeitdruck einen Strich durch die Rechnung, da man für das besagte Erkunden und Erforschen wichtige Stunden auf seiner Uhr verlieren würde. Da man das Spiel auch nur mit 5 fünf Tagen startet und es auf 13 erst durch das Abschließen von Quests erweitern muss, ist es auch klar, dass man ausschließlich Wert darauf legt Aufgaben anzunehmen und so schnell wie möglich zu beenden - immerhin ist es ja das einzige, was einem Levelaufstieg gleich kommt. Das wäre wohl auch kein Problem, wenn die Nebenaufgaben nicht so konservativ gestaltet worden wären. Bei all den Sammel- und Jagd-Quests fühlt sich Lightning Returns: Final Fantasy XIII stellenweise wie die frühen Stunden eines MMOs an. Immerhin sind die Hauptaufgaben in der Regel umfangreicher und besser gestaltet, lassen sich aber nicht immer ganz am Stück verfolgen. Durch den flüssigen Zeitenwechsel verändern sich auch die Umgebungen mit der Tageszeit, sodass manche Gebiete nur zu einer bestimmten Stunde betretbar sind. Dementsprechend lassen sich auch manche Aufgaben nur dann weiter führen, wenn eine passende Uhrzeit erreicht ist. In der Zwischenzeit muss man halt seine Zeit woanders investieren, bevor man zurückkehrt. Das Spiel verlangt also das Jonglieren mit gleich mehreren Aufgaben, um das beste aus den verbleibenden Tagen heraus zu holen - Ein lobenswerter Ansatz, da es dem Spieler mehr Verantwortung in die Hand gibt, als es die meisten modernen Spiele noch tun. Die Umsetzung hätte nur besser gelingen können.
Weltuntergang - Na und?
Final Fantasy hat eine bestimmte Art Geschichten zu erzählen, die sicher nicht jedem liegt. Was für manche eine berührende Geschichte ist, ist für andere nun einmal unverständliches Melodrama. Gerade Lightning Returns: Final Fantasy XIII legt aber auf den Drama-Aspekt viel Wert, was aber auch zum Thema einer untergehenden Welt passt. Viele von Lightnings ehemaligen Gefährten haben sich über die 500 Jahre stark verändert und nicht wenige davon sind der „Erlöserin“ nicht gerade freundlich gesinnt. Aber wirklich treu bleibt Lightning Returns seinem Hauptthema nicht, da die Figuren in der fiktiven Spielwelt zwar immer wieder davon erzählen, wie die Welt bald untergehen wird, aber kaum einer scheint davon wirklich betroffen zu sein. Interessante und emotionale Nebenaufgaben mit der Darstellung unterschiedlicher menschlicher Reaktionen auf eine bevorstehende und unvermeidbare Katastrophe, wie Majora’s Mask es zu seiner Zeit getan hat, gibt es also nur wenige, während die Hauptgeschichte von Lightning Returns: Final Fantasy XIII sich aber ausgesprochen ernst nimmt. Jeder Versuch Humor über Nebencharaktere einzustreuen, wie etwa eine Frau, die als Chocobo verkleidet fröhlich herumgackert oder eine Sängerin, die ihren nichtsnutzigen Agenten vermöbelt, während dieser sie anhimmelt, wirkt eher deplatziert und ungeschickt. Dazu kommt auch noch, dass Lightning bei der Berufung zur Erlöserin jede Emotion genommen wurde, damit sie sich ganz auf ihre Aufgabe konzentrieren kann. Umso stoischer und unbeteiligter wirkt sie nun, sodass man sich kaum nicht mit ihr identifizieren kann - davon abgesehen, dass sie auch keineswegs noch sonderlich sympathisch rüberkommt. Hinzu kommen noch andere merkwürdige Design-Entscheidungen, die der Handlung noch mehr Glaubwürdigkeit nehmen, in etwa dass man sich in bestimmten Städten ständig mit der Wache anlegen muss. Allerdings scheint es keinen Bewohner überhaupt zu interessieren, wenn man gerade die halbe Polizei mit Feuerzaubern gegrillt hat. Am Ende fehlt es also der Welt und der Handlung von Lightning Returns: Final Fantasy XIII an Authentizität, was gerade bei einem Open World Action-Rollenspiel Hauptmerkmal sein sollte.