Welche Spielserien lassen sich über die Videospielgeschichte verteilt finden und überspannen den Begriff „Retro“ bis „Modern Gaming“ in ihrer gesamten Lebensspanne? Metal Gear? Zelda? Metroid? Ja, trotz der schnelllebigen Industrie gibt es einige feste Traditionsgrößen in der virtuellen Spielelandschaft. Darunter gehört auch ohne Zweifel Konamis Castlevania, welches ca. 40 Spiele zwischen 1986 und 2013 vorweisen kann, Spin-Offs und japanexklusive Spiele miteingerechnet. Derzeit ist Entwickler Mercury Stream die treibende Kraft der modernen Ableger der Serie, wobei vor drei Jahren mit Lords of Shadow ein Reboot erfolgte. Der neue 3DS-Ableger mit dem ziemlich sperrigen Namen „Castlevania: Lords of Shadow – Mirror of Fate“ führt die neu angefangene Handlung also direkt weiter und wird wohl auch als Brücke für das noch kommende Lords of Shadow 2 dienen. Doch kann der 3DS-Titel selbst an die eigene, reiche Auswahl an guten DS-Castlevaniaspiele wie Dawn of Sorrow oder Portrait of Ruin anschließen oder muss es sich gegenüber den Klassikern geschlagen geben?
Die Familienprobleme der Belmont
Mehr als 20 Jahre nach den Ereignissen aus Lords of Shadow erzählt Mirror of Fate die Geschichte von Gabriels Nachfahren weiter, wobei der Spieler in gleich drei Rollen schlüpfen wird. Trevor Belmont, der Sohn von Gabriel Belmont, Simon Belmont, der Sohn von Trevor Belmont und Alucard, der selbst ein Vampir ist. Während der Handlung springt der Spieler also zwischen unterschiedlichen Charakteren hin und her, sodass sich die Geschichte des Spiels über mehrere Zeitepochen hin entfaltet. Diese ist allerdings etwas schwer zusammen zu fassen, ohne dabei den Faden zu verlieren. Simon Belmont will Rache für den Tod seiner Eltern und sucht dafür das Schloss des mächtigen Vampirs Dracula auf, der jedoch sein eigener Großvater Gabriel Belmont ist. Zugleich wird aber auch die Geschichte von Simons Vater Trevor erzählt, der sich zu seiner eigenen Zeitepoche ebenfalls an Gabriel rächen will, hier aber für den Tod seiner Mutter, die sein Vater kaltblütig ermordet haben soll. Darüber hinaus spielt auch der frisch erwachte Vampir Alucard eine wichtige Rolle, da seine eigene Geschichte tief in das Drama um den Belmont-Klan verwickelt ist. Erzählt wird die etwas verzwickte Story über gesprochene Dialoge und tatsächlich hübsch animierte Sequenzen im Spiel selbst, wobei man leider völlig auf eine lippensynchrone Gesprächsanimation verzichtet hat. Trotz des langsamen Starts und den eher mäßigen Sprecherqualitäten, wirkt die Geschichte mit der Zeit aber tatsächlich recht spannend und liefert weit mehr Wendungen als man es von einem Handheld-Castlevania erwarten würde. Besonders im letzten Drittel wird die Gesamthandlung der verschiedenen Erzählerperspektiven gut verbunden.
Zwischen zwei Welten
Spielerisch präsentiert sich Mirror of Fate als eine etwas holprige Mischung aus einem klassischen Castlevania mit Fokus auf präzise Kämpfe und Hüpfeinlagen und einem „Metroidvania“ mit etwas mehr Erkundungsfreiraum, alles aus einer 2D-Perspektive mit 3D-Grafikmodellen. Besonders viel Gewicht wird dabei auf die Kämpfe gegen die vielfältigen Monster in Draculas Schloss gelegt. Jeder Charakter steuert sich hierbei recht gleich. Dank einer Peitsche hat er eine große Reichweite und kann eine Kombination aus Horizontal- und Vertikalschlägen austeilen, wobei gewonnene Erfahrungspunkte durch siegreiche Kämpfe weitere Angriffsvarianten freischalten. Zur Verteidigung gibt es ein Sprung-, ein Block- und ein Ausweichmanöver. Der Spieler muss also aufpassen, wann der Feind unblockbare Angriffe startet, diesen Ausweichen und mit der Peitsche solange auf ihn eindreschen, bis dieser den Geist aufgibt. Das Spiel wechselt sich hierbei immer wieder mit Gruppen von harmlosen Gegnern und fieseren Kreaturen ab, wobei jeder Feindtyp unterschiedliche Taktiken zum Bezwingen erfordert. Grundsätzlich wäre das ja auch gut so, allerdings will dieses Kampfsystem in einer 2D-Umgebung einfach nicht zünden. Häufig sind gewöhnliche gegnerische Angriffe zu schwer zu erkennen um effektiv geblockt zu werden. Die allgemeine Unübersichtlichkeit der Kämpfe ist dabei natürlich nicht von Nutzen, speziell wenn mehr als zwei Gegner an der Prügelei teilnehmen. Auch hilft es nicht, dass die Steuerung ziemlich träge und behäbig ist, was vor allem daran liegen mag, dass sich fast alle Aktionen um den Analogpad des 3DS drehen, welches für eine zweidimensionale Umgebung einfach nicht die richtige effektive Präzision bietet. Für ein 2D-Spiel ist das Steuerkreuz eigentlich fast immer die bessere Wahl, besonders im direkten Vergleich zu früheren Castlavania-Spielen wie Super Castlevania oder Symphonie of the Night, in der die Steuerung, aber auch die Kämpfe selbst äußerst präzise und direkt sind. Das Steuerkreuz wird aber nur für die Auswahl der Zusatzwaffen verwendet. Insofern fühlt es sich so an, als hätte man das Kampfsystem des 3D-Konsolenspiels in eine 2D-Welt hineingezwängt. Das Ergebnis ist leider nicht ganz zufriedenstellend.
Vampir ohne Biss
Die Hüpf- und Kletteinlagen des Spiels leiden ebenfalls unter der trägen Steuerung und dem gestauchten Leveldesign und werden so eher zu einer Geduldprobe als zu einem wirklichen Geschicklichkeitstest. Wobei besonders das Leveldesign im Verlauf des Spiels besser und auch ausgereifter wird, speziell einige Schieberätsel können zwischendurch für Abwechslung sorgen. Die drei Figuren Simon, Trevor und Alucard, unterscheiden sich immerhin dadurch, dass sie zwei unterschiedliche Zaubersprüche und zwei unterschiedliche Zusatzwaffen tragen können, welche sie im Laufe des Spiels freischalten, allerdings gewinnen sie auch manchmal neue Bewegungsmethoden wie einen Doppelsprung oder Wandsprünge. Dadurch lassen sich auch immer wieder neue Orte erreichen, in denen Power Ups versteckt sind, die Lebensenergie, Magie oder Munitionsanzahl erhöhen. Die verschiedenen Waffen und Fähigkeiten sind aber ebenfalls nicht gleich sinnvoll oder durchdacht. So besitzt Simon die wahnsinnig nützliche Fähigkeit per Magie Angriffe zu blocken, was seine Lebensdauer in Kämpfen drastisch erhöht, während Alucard sich in einen Wolf verwandeln kann, der für einen unverhältnismäßigen hohen Magieverbrauch ein bisschen mehr Schaden austeilen kann. Ineffektive Geschosse wie ein Fledermausschwarm oder ein Bumerang kommen einem auch wie komplette Verschwendung vor, wenn andere Zusatzwaffen die Zeit anhalten und so Gegnern massiv zusetzen können, vor allem weil sie exakt die gleiche Menge an Munition verbrauchen. Auch die Erkundung des Spiels wird durch alles andere als nachvollziehbare Designentscheidungen vermindert. Es ist häufig schlichtweg schwer nachzuvollziehen, wann das Spiel entscheidet massiven Fallschaden durch eine Landung an Charaktere weiter zu geben oder wann eine Erkundung in den Tod führt, weil man noch nicht die richtige Fähigkeit zum Weiterkommen erhalten hat. Die Frustration hält sich aber in Grenzen: Das Spiel ist äußerst großzügig mit Rücksetzpunkten, sodass der Spieler bei seinem Tod nur wenige Sekunden verliert.
Das wirkt besonders kurios in den eigentlich hervorragend inszenierten Bosskämpfen. Diese sind im Grunde die Stärke des Spiels, da diese sehr abwechslungsreich aufgebaut sind und häufig den Spieler dazu auffordern, seine Taktik ständig neu zu überdenken. Im Gegensatz zu den normalen Gegnern, bei denen die richtige Angriffsstrategie schnell gefunden ist und dann nur ständig wiederholt werden muss, ändern die vielen Bosse ihr Verhalten, nachdem sie eine gewisse Menge Schaden eingesteckt haben. Rücksetzpunkte setzt das Spiel aber auch während diesen Bosskämpfen. Wer also dem Boss die Hälfte der Lebenspunkte abgezogen hat und dann stirbt, steigt an dieser Stelle wieder im Kampf ein: Der Boss nur noch mit der Hälfte seiner Energie und der Spieler mit wieder voller Lebensleiste. Das tötet nicht nur jede Herausforderung, die das Spiel eigentlich durchaus haben sollte, es nimmt dem Spieler auch die Befriedigung einen schweren Bosskampf durchgestanden zu haben. Ein Paradabeispiel für völlig verschenktes Potenzial.