Es ist wieder September und alle fußballbegeisterten Zocker wissen was das bedeutet. Die "Büchse der Pandora" wird wieder geöffnet und erneut brechen Religionskriege zwischen den Jüngern von EA Sports und Konami aus. Denn wenn eine Sache so sicher ist wie die Umsatzsteuer, dann die, dass beide Publisher ihren Fußballserien einen jährlichen Nachfolger schenken.
Da sind wir also wieder und beginnen beide Spiele zu sezieren, um uns über die Fehler des Anderen herzumachen und uns an jeder noch so kleinen Verbesserung zu beweihräuchern. Da wird es schwer für den Außenstehenden einen neutralen Einblick zu erhalten, ohne sich über Lizenzkriege und Simulationsaspekte die Köpfe heiß reden zu müssen. Wir vergessen bei solchen Diskussionen viel zu schnell, dass Geschmäcker verschieden und Ansichten von der Perspektive abhängig sind. Es ist wie bei Autos: der eine liebt seinen schnellen und teuren Flitzer mit einem glänzenden Hengst auf der Motorhaube, der Andere mag den gepflegten Oldtimer, der technisch schon lange nicht mehr aktuell ist, aber unglaublich viel Esprit verströmt. Und dann sind da noch die heiß geliebten und langlebigen Klapperkisten, die keinen weiteren TÜV überleben, von dem sich der Besitzer aber trotzdem nicht trennen kann, da so unglaublich viele Erinnerungen daran hängen. Zugegeben, es ist jetzt schwierig eine Kurve hin zum eigentlich Thema zu bekommen, doch die Kernaussage trifft auch auf die beiden Erzfeinde FIFA und PES zu:
Kaum haben wir das neue Pro Evolution Soccer 2013 eingelegt und das Hauptmenü erreicht, erklingt der erste Song durch die Boxen und mit Schaudern muss die Anlage erst einmal zügig nach unten reguliert werden, als unsere zarten Ohren "Ai Se Eu Te Pego" von Michel Teló vernehmen müssen. Schon ab diesem Moment war uns klar, dass dieses Spiel keine 15 Punkte erreichen wird.
Auch wenn hier natürlich ein wenig Spaß dabei war und der südamerikanische Grundgedanke bei einigen Spielern gut ankommt, ist die Sache mit der Präsentation ein wirklich problematisches Thema bei PES und das nicht erst seit dieser Ausgabe. Es stellt sich die grundsätzliche Frage ob Konami bewusst auf Tamtam verzichtet oder einfach nur zu unkreativ ist, alles ein wenig in Szene zu setzen. Ob wir nun die Hauptmenüauswahl betrachten oder die einzelnen Spielmodi. Nichts ist wirklich mitreißend oder vermittelt Atmosphäre. Einzig die Champions League Lizenz wird voll ausgespielt und mit einem würdigen Intro inszeniert. Warum kann es davon nicht mehr geben? Wieso werden Meisterliga oder Karrieremodus mit lapidaren Bildchen abgespeist?
Diese Stagnation zieht sich leider wie ein roter Faden durch viele Bereiche. Mit den Lizenzfetzen die Konami noch geblieben sind, wird ebenfalls wenig sorgsam umgegangen. Die Kader der "echten" Teams stehen auf dem Stand von Juni. Alle Transfers danach wurden nicht mehr in das Spiel übernommen und werden frühestens im Oktober per Update nachgereicht.
So fad die Präsentation gehalten ist, so öde fühlt sich auch die Stimmung in den Stadien an. Das monotone Publikumsrauschen bewegt sich eigentlich gar nicht. Selbst bei einem Treffer im eigenen Stadion hat man oft das Gefühl, dass es keiner mitbekommen hat. Ein Raunen nach vergebenen Chancen wiederholt sich zu oft und variiert eigentlich nie. Hätte Konami nicht das altbewährte Kommentatoren Dream Team Wolff Fuss und Hansi Küpper, wäre die Stadionatmosphäre kaum erträglich. Doch dieses Duo zaubert mit markigen Sprüchen, Dramaturgie und Sprachgewalt echtes Live-Feeling ins Wohnzimmer. Zugegeben, die Beiden haben jetzt auch schon ein paar Jährchen auf dem Buckel und die technische Umsetzung der neuen Sprachsamples ist qualitativ grauenvoll, doch setzen sie sich locker über die "Breuckmannsche" Konkurrenz hinweg.
Altbacken ist auch die Grafikengine geblieben, die nach wie vor unverändert ist. Grafisch wurde dementsprechend kaum etwas aufgewertet. Schon fast skandalös anmutend ist das Tearing und die Kantenbildung auf dem Trainingsgelände. Wurden da Praktikanten für die Programmierbarkeit herangezogen? Wir sehen weiterhin hüftsteife Bewegungsabläufe von Modellen, die eher etwas mit klobigen Boxern zu tun haben, als mit agilen Athleten. Die Gesichtsanimationen haben bei den meisten Superstars zwar Wiedererkennungswert, können aber mit der Schneidigkeit der EA-Konkurrenz leider nicht mithalten. Pluspunkte sammelt PES aber in einigen kleinen aber feinen Details. Da wären zum Beispiel der Trainer am Spielfeldrand, welcher fleißig mit den Armen wedelt, oder der Torjubel mit den Ersatzbankspielern, sowie das gut inszenierte Abseitstor. Wenn Konami in den großen Details so akribisch wäre wie in diesen kleinen Dingen, würde PES um einiges glanzvoller wirken.
Doch was hat sich denn nun überhaupt getan? In wesentlicher Hinsicht hat Konami eine Menge Arbeit in Sachen Steuerung gesteckt und die hat sich gelohnt. Das sogenannte "First-Touch" Controlling, welches bereits beim Konkurrenten lange involviert ist, wird jetzt auch hier umgesetzt. Der Spieler ist nun in der Lage bereits mit der Ballannahme zu bestimmen, wohin der Ball gelegt wird. Dies ermöglicht schnelle Richtungswechsel bzw. bessere Möglichkeiten Flanken vor Abwehrspielern abzuschirmen. Neuerungen wie absichtliches Tunneln und Flatterbälle, kann der Spieler in einem Grundlagentrainingsmodus erlernen. Hier kann man sich die Zeit nehmen in Ruhe die Feinheiten des rechten Analogsticks in Kombination mit den Schultertasten zu studieren. Hier merkt der Spieler schnell, dass schon im situativen Trainingsmodus einige Spielzüge schwer umzusetzen sind. Diese dann praktikabel im Spiel einzubauen ist dann aber die eigentliche Meisterleistung und hier wird sich die Spreu vom Weizen trennen.
So detailliert die Offensivaktionen nun auch umgesetzt wurden, so mangelhaft stellt sich allerdings die schwammige Defensivsteuerung dar. Das Stellungsspiel der K.I. ist zwar gut und intelligent gestaffelt, doch der Spieler selbst kommt äußerst schwer in die Zweikämpfe und meistens muss man es auf eine Kollision der Spieler ankommen lassen, um an den Ball zu kommen. Gute Trickser und Könner werden Verteidiger wohl wie Slalomstangen stehen lassen, wenn Sie in 1 gegen 1 Situationen gehen. Auch diagonale Torschüsse wirken etwas unausgewogen und führen mit angeschnittenen Bällen zu oft zum Erfolg. Das zumeist fehlende Pressing der K.I. macht es dann leicht eine gute Torabschlussposition zu erreichen. Eine auffällige Schwäche ist auch das Steilpassspiel, was einfach zu oft die Schnittstellen der Abwehr bloßstellt. Schnelle Stürmer starten dann raketenartig los und laufen den Verteidigern einfach davon. Seltsam wirkt auch, dass es keinerlei Konditionsanzeigen gibt und Spieler keinen Verschleiß mit der Dauer der Partie aufzeigen. Das bringt zwar keine Verschleppung des Spieltempos mit sich, doch der Simulationsfaktor auf dem Konami immer viel wert legt, wird hier "ad absurdum" geführt.
Der Onlinebereich fristet nach wie vor ein eher bescheidenes Dasein, wenn man die Konkurrenz zur Referenz heranzieht. Einzig die Tatsache, dass selbst zum Release keinerlei Lags und Serverüberlastungen festzustellen sind, wirkt sich positiv aufs Gesamtbild aus.
Positiv:
- würdige Präsentation der Champions League
- nach wie vor sind die Kommentatoren das Non-Plus Ultra
- endlich präzise "First-Touch" Steuerung
- neue Tricks wie absichtliches Tunneln und Flatterball
- tolle Randdetails wie Trainer am Spielfeldrand und Abseitstorjubel
- stabile und lagfreie Onlineplattform
Negativ:
- bei lizensierten Vereinen keine aktuellen Kader
- Spielermodelle zu statisch und schwach animiert
- starke Tearings im Trainingsmodus
- Menüpräsentation kreativlos
- Diagonalschüsse und Steilpässe wirken sich zu stark auf die Spielbalance aus
- Spieler kommt schwer in die Zweikämpfe aufgrund schwammiger Steuerung
- wenig bis keine grafischen Verbesserungen