Wenn eine Spielekonsole wahrlich nicht dafür bekannt ist, Horror in Reinform anzubieten, so ist das wohl die Wii. Abgesehen von einem Besuch der Silent Hill-Reihe und ein paar kaum ernst zu nehmenden Geisterhaus-Simulatoren blieb die Wii weitgehend horrorfrei. Doch nun bringt Tecmo eines ihrer bekannteren Geistergruselreihen erneut für Nintendos Weiße heraus und zwar Project Zero, auch bekannt unter dem Namen Fatal Frame. Während aber Project Zero 4 nur in Japan blieb, können sich diesmal auch europäische Spieler an Project Zero 2 erfreuen, ein Remake des PS2-Klassikers aus 2004. Doch kann der Grusel nach acht Jahren immer noch zünden? Wir klären, ob noch etwas Leben in der Wii steckt oder ob sie bereits ein unheiliges Geisterdasein fristet. Die offiziellen Consolewars-Exorzisten nahmen sich der Sache an.
Wer das Original des Spiels kennt, wird sich noch grob an die Handlung von Project Zero 2 erinnern: Die Zwillinge Mio und Mayu verirren sich bei einem Waldspaziergang in ein verlassenes Dorf, welches auf keiner Landkarte zu finden ist. Bald jedoch finden sie heraus, dass ein Fluch auf dem Ort lastet und die rastlosen Geister der Dorfbewohner es auf sie abgesehen haben. Wie schon viele Zwillinge zuvor sollen sie an einer düsteren Zeremonie teilnehmen, die beide Schwestern in höchste Gefahr bringt. Als auch noch ein Geist eines verstorbenen Zwillings von Mayu Besitz ergreift, liegt es allein an Mio sie zu retten und aus dem Dorf zu entkommen. Doch wer glaubt, als Kenner der Serie für alles Kommende gerüstet zu sein, darf sich auf viele Überraschungen gefasst machen. Tecmo spendierte dem Horror-Spiel eine Generalüberholung in der ganzen Struktur. So gibt es nicht nur neue Szenen, auch die zeitliche und örtliche Anordnung von wichtigen Kämpfen gegen Geister oder von relevanten Spielgegenständen wurde geändert. Auch darf die Wii Edition mit einer besseren Grafik aufwarten, die durchaus einiges hermacht. Dabei stechen besonders die besseren Lichteffekte hervor, während allerdings einige Texturen von Nahem sehr matschig aussehen. Neue Details wie sich im Wind bewegende Vorhänge sind ein willkommener Zusatz zur gruselig-schaurigen Atmosphäre.
Was vor allem ins Auge fällt ist die neue Kameraperspektive. Genretypisch verwendete Project Zero 2 Crimson Butterfly eine feste Kamera, die es teilweise schwer macht zu erahnen, was hinter der nächsten Ecke lauert. Für die Wii wurde eine Third Person-Perspektive eingeführt, die sich direkt hinter Mio festlegt, egal wohin sie sich bewegt. Weniger unheimlich gestaltet sich das Spiel aber dadurch nicht, eher im Gegenteil. So bringt es die Erkundung der verlassenen Gebäude und unheimliche Straßen im Dorf wesentlich näher an den Spieler heran. Auch das Aufheben von Gegenständen wurde ein wenig spannender gestaltet: So muss der Spieler die A-Taste gedrückt halten, damit sich Mio nach einem Gegenstand bückt und die Hand ausstreckt. Oft läuft das unterbrechungsfrei, aber hin und wieder greift eine Geisterhand nach dem armen Mädchen und packt sie, wenn nicht rechtzeitig die A-Taste losgelassen wird. Generell ist das unvorhergesehene plötzliche Auftauchen von Geistern in nächster Nähe etwas, was Project Zero 2 meisterhaft beherrscht, sodass man sich niemals ganz sicher fühlen wird. So funktioniert Horror.
Bitte Lächeln!
Da Geister in der Regel relativ körperlos sind, kann Mio sich nicht mit plumper Gewalt zur Wehr setzen. Zu ihrem Glück gelangt sie in den Besitz der Camera Obscura, einem Fotoapparat mit der Möglichkeit das Unmögliche auf Film zu bannen und hat darüber hinaus noch eine geisteraustreibende Wirkung. Doch einfach drauf los Fotos schießen wird einen nicht weit bringen. Um wirklich effektiv gegen die Wesen aus dem Jenseits zu sein, muss sie Kamera eine Weile auf die Geister gerichtet werden, bis sie sich ganz auflädt. Das ist bei manchen gar nicht so einfach, da sie sich sprichwörtlich in Luft auflösen und hinter, über oder unter dem Spieler wieder auftauchen. Das nervöse und hektische Neuausrichten der Kamera wird also in Kämpfen ein ständiger Begleiter sein. Darüber hinaus kommt noch hinzu, dass die Fotos mitunter nur dann wirklich Wirkung zeigen, wenn sie kurz vor dem Angriff eines Geistes aus nächster Nähe aufgenommen werden. Geduld, Hektik und starke Nerven sind also zu gleichen Teilen zugehörig zur Geisterbekämpfung. Dabei trägt genau diese Mischung ihren Großteil zur Atmosphäre bei und ist immer noch eine der stärksten Eigenschaft des Spiels. Dass die Fotoshootings mit den Geistern nicht langweilig werden, ist nicht nur den unterschiedlichen Angriffsweisen der Gegner zu verdanken, auch verdient sich Mio mit erfolgreichen und gut gezielten Fotos Geisterpunkte, mit denen die Werte der Camera Obscura verbessert werden können. So lässt sich Reichweite, Schadenswirkung oder Aufladezeit verstärken, aber auch neue Objektive lassen sich finden und mit noch weiteren gefundenen Verbesserungen in der Kamera einbauen.Der Wehrmutstropfen ist hierbei aber leider die Steuerung und damit ist nicht nur obligatorische und nervige Wiimoteschütteln gemeint. Wie in Horrorspielen vor der Resident Evil 4-Ära bewegen sich Protagonist und Waffe ein wenig träge und langsam. Das ist offensichtlich so gewollt, doch es wirkt ein wenig merkwürdig, wenn die Wiimote mit einem perfekten Pointer und einer 1:1 Übertragung zum Fernsehbildschirm ausgestattet ist, diese aber einfach komplett ignoriert wird. Stattdessen steuern sich Taschenlampe bzw. Blickwinkel und auch die Kamera über die Neigung des Controllers. Wird die Wiimote gesenkt, gehoben oder zur Seite geschwenkt folgt Mios Sicht ungefähr in diese Richtung. Der Analogstick kann hierbei zum groben Umsehen nach rechts und links genutzt werden. Glücklicherweise lassen sich Geister in Kamerasicht per Knopfdruck auch zentrieren, sobald man in ihre Richtung blickt, sodass die Ungenauigkeit der Wiimote-Neigung nicht zu schwer ins Gewicht fällt. Doch wirklich gut fühlt sich die Steuerung nie ganz an und bleibt relativ unflexibel. Auch Mio selbst steuert sich beim Laufen eher wie ein Panzer als ein Mensch, da sie nicht nur selbst beim Rennen langsam ist, sich nur gemächlich umdreht, sondern auch für eine Kehrtwende einige Zeit braucht. Damit ist aber auch sehr offensichtlich was Project Zero 2 sein will. Nachdem die meisten Survival-Horror-Spiele sich stark in Richtung Action orientierten, bleibt das Spiel seinen Wurzeln treu und bietet noch eine Horrorerfahrung alter Schule.
Geisterhaus mit Akzent
Dabei gibt nicht nur die Optik Project Zero seine gelungene Atmosphäre, auch die musikalische Untermalung kann mit subtilen und schaurigen Klängen überzeugen. Ebenso tragen kleinere Soundeffekte wie Rascheln, Wind, entfernte Stimmen, Lachen oder Weinen dazu bei das Herz eines Horrorfans höher schlagen zu lassen. Puristen dürften sich aber an der englischen Sprachausgabe stören, vor allem weil sie wie Xenoblade Chronicles, The Last Story oder Pandoras Tower in Europa synchronisiert wurde. Während es bei den eben genannten Wii-Titeln eigentlich keine große Sache war eben mal Sprecher mit britischem Akzent zu hören, so ist das in einem Szenario wie Project Zero stellenweise sehr störend. In einer japanischen Geistergeschichte mit zwei asiatischen Mädchen mitten irgendwo in Japan in einem offensichtlich japanischen Dorf ist der britische Akzent schlichtweg fehl am Platz. Die Möglichkeit die Sprachausgabe auf Japanisch umzustellen gibt es leider auch nicht. Qualitativ lässt sich aber an den neuen Sprechern ansonsten gar nichts aussetzen, von daher kann man auch mit diesem Umstand leben.
Nach dem Abschließen des eigentlichen Spiels gibt es noch jede Menge für einen zweiten Durchlauf zu tun. Nicht nur neue Kostüme und Schwierigkeitsstufen werden freigeschaltet, auch neue Verbesserungen für die Kamera. Wer genug vom Hauptspiel hat, darf sich auch mit dem neuen Geisterhaus-Modus vergnügen, der die Missionen des Originals ersetzt. Dabei wagt sich der Spieler in Ego-Perspektive durch ein verfluchtes Haus, bewegt sich aber nur auf Schienen fort. Dabei misst das Spiel die Angst des Spielers, indem es kleinere Bewegung der Wiimote in der Hand des Spiels ausließt. Das klingt erst einmal ganz nett, doch irgendein Wahnsinniger kam auf die Idee, dass man sich durch Neigung der Wiimote umsieht und durchs Schütteln herumdreht. Infolgedessen darf man die Wiimote nicht bewegen, damit dies nicht als Zeichen der Angst interpretiert wird, muss die Wiimote aber bewegen um sich umzusehen. Um das Paradoxon noch auf die Spitze zu treiben, verliert der Spieler auch automatisch, wenn er zu viel Angst hat. Zum Glück ist das ganze nur ein unsinniger Zusatz auf einem ansonsten ordentlichen und respektablen Horror-Spiel.