"In der Geburt und im Tod umarmen sich die Generationen"
Wer bereits einige Jahre seines Lebens hinter sich hat, kennt diese bittere Agonie des vergangenen Seins. Zu viele schöne Erinnerungen sind bereits hinter sich gelassen worden und zu jeder Zeit fragt man sich, ob dieses Leben überhaupt noch einmal Höhepunkte dieser Art zu bieten hat. Die Melancholie des Vergangenen ist nicht nur eine besondere Schwermut in der Seele vieler Menschen, sie erinnert auch an das Voranschreiten des Lebens. Im Hier und Jetzt wird den Wenigsten klar, wie beschränkt unsere Zeit auf der Erde ist und kaum versucht man sich diesen Dingen klar zu werden, entgleitet der Gedanke und man beschäftigt sich wieder mit Alltäglichem.
Ein menschliches Leben hat viel zu erzählen und auf der Reise durch die Zeit ist die Geschichte erst mit dem letzten Kapitel endgültig abgeschlossen. Wir erlebten die Geburt von Ezio Auditore da Firenze und sahen seine ersten Bewegungen. Als Spieler durften wir Ezio seit seinen jüngsten Jahren begleiten. Ob als rüpelhafter Jüngling oder als erfahrener Anführer einer Assassinen-Gilde. Wir begleiteten ihn fast durch sein ganzes Leben und mit dem neuesten Werk aus dem Hause Ubisoft bricht der letzte Teil seiner inzwischen auf die Größe einer Trilogie angewachsenen Geschichte an. Fast mitleidig betrachten wir einen gealterten Ezio Auditore, dessen Gesicht von der Zeit gegerbt und vom Kampf vernarbt ist. Ein alter Mann, der selbst im hohen Alter ungebrochen an seinen Idealen festhält, aber müde vom stetigen Wogen der Machtverhältnisse zwischen Templern und Assassinen ist. Man wünscht sich einen ruhigen Lebensabend für Ezio, dessen Wunsch aber unerfüllt bleibt, denn zu viele Fragen blieben unbeantwortet, zu viele Dinge unerzählt. Es muss weiter gehen und es geht weiter..., immer weiter.
Inhalt
Assassins Creed erzählt die Geschichten von Menschen, deren Schicksal eng miteinander verstrickt ist. Besonders Altair und Ezio verbindet mehr als nur die Zugehörigkeit zur Gilde der Assassinen. Nach dem furiosen Abschluss von Assassins Creed: Brotherhood gingen uns viele Fragen durch den Kopf. Was passiert mit Desmond, der nun sein Dasein in einem komatösen Zustand im Animus verbringen muss? Welche Antworten findet Ezio in Al-Masyaf, der ehemaligen Feste der Assassinen und was geschah mit Altair und dem Edenapfel, nach dem Tod seines alten Mentors? Revelation beginnt mit einem gealterten Ezio, der trotz vorangeschrittenen Alters nicht müde wird, sich den Templern entgegenzustellen. Doch ihn beschäftigen noch viele Fragen, die sich seit seinen Erlebnissen in den Katakomben des Vatikans aufgetan haben. Ezio hofft auf Antworten in der alten Assassinenfeste Masyaf, doch dort angekommen stellt er fest, dass diese bereits von Templern übernommen wurde. Während des Kampfes um die Feste plagt Ezio eine Vision seines Ahnen Altair, welche ihn zu einer versiegelten Bibliothek im Verlies der Feste führt. Von den geschlagenen Templern erfährt er, dass sich die Bibliothek nur mit fünf Schlüsseln öffnen lässt, von denen sich bereits einer in den Händen der Templer befindet. Dieser wurde in Konstantinopel gefunden und es ist zu vermuten, dass auch die anderen vier Schlüssel dort versteckt sind.
Ezio macht sich also auf den Weg in eine Stadt, die seit Jahrhunderten als Schmelztiegel der Kulturen gilt und das Herrschergebiet des großen osmanischen Reiches ist. Dort angekommen bemerkt Ezio, dass die Templer diese Stadt bereits fest im Griff haben. Doch verbündete Assassine und die bildhübsche Sofia Sartor werden wichtige Alliierte im letzten großen Kampf des Ezio Auditore.
Es ist soweit! Ubisoft hält Wort und legt die Karten auf den Tisch. In Assassins Creed: Revelations werden endlich die Fäden verknüpft, die nur als lose Enden verteilt über die drei Vorgängerspiele verstreut waren. Besonders Altairs Geschichte wird in sinnvoll eingebauten Episoden flüssig zu Ende erzählt und der Spieler erfährt endlich, was nach dem Ende von Assassins Creed geschah. Wir dürfen teilhaben an den letzten Jahren des großen Altairs und sehen wie er sein Vermächtnis der nächsten Generation übergibt, welche Ezio für sich entdeckt. Die Erkenntnisse rund um Assassins Creed: Revelation wirken fast wie ein kleines Happy End, wohl wissend das wir Ezio und Altair vermissen werden. Revelations schürt die Vorfreude auf den nun anstehenden dritten Teil gewaltig, denn Desmond Miles hat sein Schicksal noch nicht erfüllt.
Grafik und Akustik
Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich. Seit nun etwa zwei Jahren schafft es Ubisoft mit der gleichen Basis immer noch ein Spiel hinzuzaubern, was grafisch definitiv in der Oberklasse mitspielen kann. Man muss schon zweimal hinschauen um etwaige Änderungen zu finden, die sich gegenüber den Vorgängern deutlich verbessert haben. Ganz klar, in Sachen Feintuning haben sich viele Dinge geändert, der große Holzhammer blieb aber fast schon erwartungsgemäß aus. Aber auch in diesem Jahr muss man sich die Frage stellen ob es dieses Spiel nötig hat, seinen bis heute grandiosen Stil zu ändern. Wir waren vor zwei Jahren aus dem optischen Häuschen, als Ezio durch Florenz flitzte. Was wir nun in Revelations zu sehen bekommen steht dem in nichts nach. Im Gegenteil, denn das damalige Konstantinopel hat architektonisch viel mehr auf dem Kasten als die italienischen Städte. Alleine die mächtige Hagia Sophia ist ein Anblick der den Spieler staunen lässt. Und wenn man eine Sache den Designern von Ubisoft nicht vorwerfen kann, dann ist das die Tatsache, dass sie nie schludrig mit historischen Fakten umgehen. Schaut man sich nur mal die wunderschönen Kostüme der Soldaten und Passanten an, gerät man als Zuschauer ins Schwärmen. Genau solche Details machen es dem Spieler unheimlich leicht sich auf die Atmosphäre des Spieles einzulassen. Wir haben fast das Gefühl, die von Rauch und Staub angereicherte Luft einzuatmen, wenn wir über den großen Basar laufen. Die weitläufigen Gärten des Palastes des Sultans sind eine einzige Augenweide, dass wir glatt vergessen uns vor den Wachen zu verstecken. Konstantinopel ist ein Traum und Ubisoft lässt uns ihn in seiner gewohnten Detailfreude erleben. Einzig die Größe der Stadt kann im Verhältnis zu Rom nicht ganz mithalten, doch daran sollten wir uns nicht stören, denn es gibt trotzdem genug zu sehen.
Auch akustisch bleibt sich die Reihe treu. Das orchestrale Setting hält sich wieder im perfekten Hintergrund, ohne lästig zu wirken und ohne sich zu weit vom Geschehen zu entfernen. In den meisten Editionen und Verkaufsfassungen befindet sich der Soundtrack auf CD und wir können ohne Umschweife sagen, dass dies nicht nur ein absoluter Gewinn für Fans ist. Zweifler können hier definitiv bedenkenlos zugreifen.
Gameplay und Steuerung
Armer alter Ezio. Die Kleidung des Assassinen wird grauer, ebenso wie das Haar, doch an Agilität hat der in die Jahre gekommene Protagonist wenig eingebüßt. Erstaunlich wie sich ein über Fünfzigjähriger die Fassaden hochhangelt. Ok, er bekommt jetzt ein wenig Unterstützung durch eine neuartige Hakenklinge, doch man wird das Gefühl nicht los, dass Ezio sie eigentlich gar nicht nötig hätte. Doch mit dieser neuartigen Waffe lassen sich allerlei tolle Sachen machen. Da wäre zum Einen die Möglichkeit sich an Seile einzuklinken, die rein zufällig über die Häuser in der ganzen Stadt verteilt wurden und als Rutsche verwendet werden können. Zum Anderen geziemt es sich als echter Assassine diese Hakenklinge als Waffe zu verwenden. Selbstverständlich in Verbindung mit neuen und brillant anzusehenden Finishern. Aber das ist noch lange nicht alles was Ezio auf seine alten Tage noch zu sehen bekommt. Im osmanischen Reich ist die Technologie rund um das Schwarzpulver in den letzten Jahren stark vorangeschritten. Unser Assassine wird im Laufe des Spieles nun instruiert wie man verschiedenste Arten von Bomben basteln kann. Die Komponenten hierfür verstecken sich in der ganzen Stadt und darüber hinaus. Es stehen dem Spieler alle möglichen Varianten zur Verfügung. Dabei ist die Zusammensetzung der Komponenten entscheidend. Von Minen, über Rauchbomben, bis hin zu den gefährlichen Granaten sind der Kombinationsvielfalt keine Grenzen gesetzt.
Neben diversen neuen Waffen gibt es aber ansonsten wenige Änderungen. Im Gegenteil, dass in Assassins Creed: Brotherhood fast bis zur Überdosis ausgebaute Wirtschaftssystem wurde im Nachfolger schon wieder zurückgeschaltet. Die Menge der Läden und Bauwerke wurden reduziert, dafür ist es nun aber nicht mehr ohne weiteres möglich ununterbrochen Läden zu eröffnen. Der Aufmerksamkeitsbalken der Templer vergrößert sich nun nicht mehr bloß bei aufsehenerregenden Straßenkämpfen, sondern steigt auch beim Kauf von Läden. Das alte Prinzip der vorherigen Säuberung des Stadtviertels von Templerhauptmännern gilt immer noch.
[img left]150623[/img]Doch diesmal muss Ezio den Chef erst einmal per Adlerauge identifizieren. Das macht die Sache schwieriger, aber auch spannender. Ist dieser beseitigt, eröffnet Ezio ein Gildenhaus, was aber wiederum von den Templern zurückerobert werden kann, wenn der Spieler den Balken der Templeraufmerksamkeit nicht auf niedrigem Niveau hält. Sollte es geschehen, dass Templer eine Feste angreifen, kann Ezio zusammen mit seinen Gehilfen diese verteidigen. In einem Minispiel, welches auf eine Art "Tower Defense" basiert, gilt es die heranstürmenden Templer abzuwehren. Eine ganz nette Sache, allerdings hält sich die Langzeitmotivation schnell in Grenzen und die Sache gleitet schnell ins Nervige ab.
Wie bereits erwähnt hat sich der Umfang des Spieles ein wenig reduziert. So gibt es wesentlich weniger Nebenmissionen zu entdecken. Auch dem Sammelfieber wurde weniger Beachtung geschenkt. Dafür wurde die Hauptlast auf die Story gelegt, welche zu keinem Zeitpunkt holprig wirkt und in keinster Weise Längen vorzuweisen hat. Die zwei Ausflüge außerhalb von Konstantinopel stellen eine gute Abwechslung zum Alltag in der osmanischen Stadt dar, kann sich aber vom Umfang her ebenfalls nicht mit seinem Vorgänger messen. Auch die Assassinen-Gilde Erweiterung hat es ins nächste Spiel geschafft. Wieder können wir Passanten aus der Stadt rekrutierten und diese ausbilden, indem der Spieler sie mit Aufträgen in fremden Städten versorgt. Als kleine Änderung hinzugekommen ist die Möglichkeit, sich nun dieser Städte zu bemächtigen, indem man die Templerherrschaft bricht und seine eigene Kontrolle erhöht. Dies steigert außerdem die eigenen Einnahmen.
Eine interessante Erweiterung nicht nur hinsichtlich der Story, stellen Desmonds Erinnerungen auf der Animus-Insel dar. Nach dem Einsammeln einiger Datenfragmente durch Ezio in Konstantinopel, öffnen sich in Desmonds virtuellen Welt Tore zu längst verdrängten Erinnerungen aus seinem eigenen Leben. Das hier vorgefundene Gameplay erinnert ein wenig an Portal und wird mit Hilfe von Bauklötzen durchquert. Die ungewohnte First-Person Sicht und das für Assassins Creed völlig andersartige Gameplay bringt ein wenig frischen Wind in das Franchise. Die dabei erzählte Geschichte über Desmonds Vergangenheit offenbart allerdings viele Ungereimtheiten zum Erstling, muss aber zunächst so hingenommen werden, in der Hoffnung, dass kommende Folgen hier die Lücken füllen.
Hinsichtlich der Steuerung brauchen alte Hasen fast keine Eingewöhnungszeit. Alles geht sofort wieder in Fleisch und Blut über. Das Kampfsystem ist unverändert geblieben. Timing beim Blocken und Kontern sind alles um die Gegner zu beherrschen. Solange der Spieler dies verinnerlicht ist der Schwierigkeitsgrad moderat. Hektisch kann es nur werden, wenn die Gegnerschar unablässig zunimmt und der Spieler sich in die Ecke drängen lässt. Besonders die Distanzwaffen haben an Schaden gewaltig zugelegt. Drei Schuss aus einer Pulverbüchse können den hartgesottenen Assassinen in die ewigen Jagdgründe schicken. Doch dank ausreichend mitgeführter Medizin kann auch dieses Problem umgangen werden. Kurzum, sterben ist bei Revelations ebenso schwierig wie bei seinen Vorgängern.
Multiplayer
[img right]150622[/img]In diesem Teil wollte Ubisoft hinsichtlich des Multiplayers einiges besser machen. Das Layout wurde komplett überarbeitet und ein Level-System eingeführt. Die Setup-Möglichkeiten sind nun umfangreicher gestaltet und auch die Auswahl der Charaktere ist multipler geworden. Die Devise des neuen Multiplayers ist also: Höher, Weiter, Besser. Aber trifft das auch auf das Gameplay zu? Nun, der Vorgänger schwächelte leider ein wenig aufgrund der relativen Kurzatmigkeit. Damals waren die Maps zwar interessant, doch schnell kannte man jeden Winkel und jeden Trick. In Revelations ist auch hier vieles umfangreicher gestaltet worden. Das heißt, der Spieler kommt diesmal länger auf seine Kosten. Aufgrund neuer Spielmodi, die die Auswahl nun auf ganze zehn Stück erweiterte und inzwischen auf neun verschiedenen Maps gespielt wird, kann die Community auf mehr Abwechslung hoffen. Außerdem stehen noch diverse Download-Contents an, die zusätzlich weitere Charaktere und Maps zur Verfügung stellen werden. In diesem Jahr kann sich der Spieler also auf längere Sessions im Templer-Animus gefasst machen.
Positiv:
- bündiges und schlüssiges Ende der Ezio-Trilogie
- Altairs Episoden sinnvoll eingefügt
- atemberaubendes Konstantinopel
- erneut ein akustisches Monumentalwerk
- Bomben und Hakenklinge stellen nette Ergänzungen dar
- neues originelles Puzzle-Gameplay in Desmonds Erinnerungen
- gut aufgeschraubter Multiplayer der zu begeistern weiß
Negativ:
- keine großen grafischen Fortschritte mehr
- für geübte Spieler ist Assassins Creed weiterhin keine Herausforderung
- geschrumpftes Wirtschaftssystem und weniger Sammelobjekte
- weniger Nebenmissionen
- Gildenfeste verteidigen wird schnell langweilig