Es gab eine Zeit in der die J-RPGs einen so unglaublichen großen Einfluss auf die Fans von Videospielen hatten und sogar die Kaufentscheidungen der Konsolen nach ihnen gerichtet wurden. In der Zeit der PlayStation 3, Xbox 360 und Wii hat sich das Bild aber sehr stark geändert. Während ein Final Fantasy VII seiner Zeit noch für Jahre einen nachhaltigen Effekt auslösen konnte, ist Final Fantasy XIII als Hoffnungsträger des Genres gestartet und hat in den Augen der meisten Spieler lediglich gezeigt, wie viel die japanischen Entwickler ihrer einstigen Innovationsstärke eingebüßt haben. Doch was ist der Anlass, um einen so großen Bogen auf dem Weg zur Review eines Wii-Rollenspiels zu schlagen? Ganz einfach: Xenoblade Chronicles für Wii gibt es uns zurück. Das J-RPG-Gefühl wofür wir diese Spiele einst so gefeiert haben.
In einer vom Krieg verwüsteten Welt...
Xenoblade Chronicles vereint so viele Elemente eines guten Rollenspiels und ist wie eine Reise durch die Zeit (nicht nur durch die SD-Grafiken der Wii bedingt). Man wird daran erinnert, was ein Rollenspiel aus dem Osten im Spielerherz auszulösen im Stande ist und wie sehr diese Titel an die heimische Konsole fesseln können. Dabei bedient sich Entwickler Monolith Soft der gängigen Klischees und erzählt eine Geschichte von Freundschaft, Schicksal und Heldentum. Nebenher wird das Ganze aber gekonnt mit vielen frischen Ideen gewürzt.
Die Welt, in der Xenoblade Chronicles angesiedelt ist, verbirgt eine unglaubliche Entstehungsgesichte. Die beiden Götter Bionis und Mechonis trugen einen jahrhundertelange Kampf aus, bei dem es niemals einen richtigen Sieger gab. Die Stärken beider Gottheiten hoben sich in einem stetig fortführenden Kampf immer wieder gegenseitig auf, ehe es bei einem so heftigen Aufprall der beiden Mächte zu einem unglaublichen Ereignis kam. Die Götter erstarrten und verwandelten sich zu beweglosen Statuen. Der ewige Kampf ruhte und auf den Schultern der erstarrten Götter begann nach und nach das Leben zu sprießen. Die Evolution brachte zwei Völker hervor. Während sich auf Bionis die menschlichen Homs kultivierten, machten sich auf Mechonis die mechanischen Mechons breit. Der einstige Kampf der beiden Gottheiten wird nun durch eben diesen beiden Völkern fortgeführt. Als Held der Homs ging der Kämpfer Dunban hervor, der mit Hilfe des magischen Schwerts Monado, dessen Kräfte nur er im Zaum halten konnte, große Verluste seines Volkes verhinderte, obwohl die Homs den Waffen der Mechons unterlegen sind. Die zahlreichen Kämpfe aber haben ihre Spuren hinterlassen, weshalb er sich in der vorübergehenden Zeit des Waffenstillstands immer mehr zurückzog und seine Wunden leckte. Er war schwach geworden und es herrschte Gewissheit darüber, dass die Mechonis nicht lange auf den nächsten Gegenschlag warten lassen sollten. Der Gegenschlag lässt auch nicht lange auf sich warten, denn rund ein Jahr nach den letzen erbitterten Kämpfen greifen die Mechonis die Homs an. Während dieser schier aussichtslosen Situation aber, keimt neue Hoffnung beim Volk der Homs. Der unscheinbare Shulk übernimmt das Monado-Schwert und wie es scheint, harmoniert das Schwert auch mit ihm. Es kommuniziert zwar auf andere Weise als einst mit Dunban und noch scheint Shulk nicht das volle Potential dieser Macht entfalten zu können, aber der Grundstein einer Geschichte, in der er an der Seite seine Freundes Reyn in die Welt hinauszieht, um ein für alle Mal für Frieden zu sorgen, ist gelegt...
[img right]148357[/img]Xenoblade Chronicles macht kein Halt davor euch mit Ereignissen zu erschlagen. Es lebt den typischen japanischen Erzählfluss aus. Charaktere werden binnen Sekunden eingeführt und dessen Motivationen offengelegt. Dabei schwingen sie immer wieder große Reden, die immer den Anschein machen wollen, von ganz großer Wichtigkeit zu sein. Da aber alles sehr detailliert erzählt und die Figuren (auch dank der Synchronisation) sehr sympathisch wirken, entwickelt sich daraus eine Welt, in der man sich als Fan des Genres gerne fallen lässt. Es prasseln viele Eindrücke auf den Spieler, der die zahlreichen Informationen zwar erst sacken lassen muss, aber deren Nachhaltigkeit beim Verstehen der Zusammenhänge umso größere Wirkung ausüben. Xenoblade Chronicles reizt die Grenzen der Gefühle (soweit dies bei einem Medium wie dem Videospiel möglich ist) sehr weit aus und zeigt sehr stark, dass es ein Rollenspiel aus dem fernen Osten ist.
Wirst du dem Ruf folgen?
Natürlich lebt ein Rollenspiel von der Geschichte, die es erzählen will, aber im Gleichklang spielen besonders die grafische Präsentation und auch das Kampfsystem eine entscheidende Rolle. Auch wenn es vielleicht an dieser Stelle etwas mühselig klingt, muss man der Wii wieder vorwerfen, dass die Leistung der Hardware, einfach nicht mehr unserer heutigen Zeit entspricht. Dabei haben die Entwickler eine Welt geschaffen, die ihres Gleichen sucht und es sehr wohl verstanden, trotz der Limitierung der Wii-Hardware, ein rundum gelungenes Werk auf die Beine zu stellen. Nach einigen Spielstunden hält man schlicht und ergreifend nicht mehr Ausschau nach matschigen Texturen, sondern erfreut sich an den liebevoll gestalteten Charakteren und deren Beiträgen. Uns hat es besonders gefallen, dass die Synchronisation allem Anschein nach in England umgesetzt wurde, denn dadurch haben die Figuren auch den typischen Akzent der Insel. Irgendwie wirkt das Ganze bei diesem Titel sehr charmant und besonders im Vergleich zu den anderen Blockbustertiteln erfrischend. Xenoblade Chronicles ist nach den heutigen Maßstäben also nicht unbedingt ein Vorzeigetitel, aber auf der Wii-Plattform endlich ein erwachsenes und ernstzunehmendes Werk, dessen Motivation ohnehin im spannenden Kampfsystem verborgen liegt.
Xenoblade Chronicles ist ein Action-Rollenspiel, bei dem grundsätzlich die Mechaniken des Genres greifen, man sich aber im Kampf frei bewegen darf. Am stärksten erinnert der Aufbau dabei an Final Fantasy XII. Innerhalb eines Kampfes ist es beispielsweise entscheidend in welcher Position man sich befindet. Ein Frontalangriff muss nicht unbedingt die beste Lösung sein, weshalb man sich auch gerne mal für ein Angriff von Hinten entscheiden sollte. Die Komplexität, von der Xenoblade Chronicles eine Menge hat, lässt sich an dieser Stelle auch sehr schön verdeutlichen. Man zieht in der Regel immer mit Gefährten in den Kampf, weshalb es unabdingbar ist, auch deren Vorgehensweisen zu beachten. Um also einen effektiven Treffer im Rücken des Gegners landen zu können, sollte euer Partner den Gegner mit einem Schlag auf sich lenken, um euch wiederum den Weg frei zu machen. Diese harmonischen Angriffe werden im Kampfsystem von Xenoblade Chronicles berücksichtig, denn es gibt ein Harmoniediagramm dessen Werte die Beziehungen zwischen jeder Figur im Spiel darstellt. Hat man einen guten Harmoniewert mit seinem Partner, so kommen nicht nur effektivere Aktionen zu Stande, es ist sogar möglich komplexe Comboattacken in die Wege zu leiten. Für viele Endbosse und größere Gegner sind diese entscheidend. Die Zahnräder des Systems greifen dabei aber noch viel feiner ineinander, als das man es in einer Review umschreiben könnte. Beispielsweise kann man die Harmonie der verschiedenen Figuren auch durch Gespräche oder Nebenquests steigern.
Xenoblade Chronicles bildet eine wilde Mixtur aus allen möglichen Elementen der Rollenspielwelt. Angriffe werden aus einem Menü heraus gewählt und automatisch ausgeführt. In einer Liste im unteren Teil des Bildschirms wählt man zwischen verschiedenen Angriffen und Spezialattacken mit denen man den Wesen in dieser Welt ans Leder will. Man selber bleibt immer in der Rolle von Shulk, während die andern Figuren von der KI gesteuert werden. Durch die Führung des Manado-Schwerts wird es euch zuteil die großen Spezialattacken in die Wege zu leiten und sogar Gegenangriffe des Feindes hervorzusehen. Innerhalb einer kleinen Zeitperiode ist es euch so möglich eure Freunde zu retten und den Kampf zu euren Gunsten ausgehen zu lassen.
Elegant werden übrigens typische Kritikpunkte eines Rollenspiels bei diesem Titel umgangen. Lange Laufwege, die eigentlich immer wieder zum Aufleveln in Kauf genommen werden sollten, sind dank der praktischen Schnellreisefunktion nicht vorhanden. Auch das gezwungene Speichern an bestimmten Punkten ist in Xenoblade Chronicles nicht vorzufinden. Innerhalb der Menüs kann man nämlich zu jedem Zeitpunkt ein Backup seines Fortschritts anlegen.
Du musst es wirklich wollen!
Wie bereits kurz angedeutet, lässt sich das komplexe System hinter Xenoblade Chronicles kaum in einem einzigen Artikel komplett darstellen. Man wandert durch eine Welt, in der hinter jeder Ecke scheinbar eine neue Überraschung auf euch wartet. Unterhält man sich beispielsweise mit Leuten in der Stadt, bekommt man nicht nur deren Geschichten zu hören, es kommt nicht selten vor, dass sie euch mit einer Nebenquest beauftragen, für die es neben Geld auch immer wieder Erfahrungspunkte gibt. Diese sind zwar nicht entscheidend für die Hauptquest, allerdings lässt sich die ohnehin große Spielzeit so noch um einiges verlängern. Es gibt viele Punkte die man aufzählen könnte, bei denen die Entwickler jeglichen Aspekt, an den so manch ein Rollenspieler verzweifelt ist, entgegengewirkt haben. Die besagten Nebenquests werden nicht nur immer schön in den Menüs protokoliert. Hat man eine Mission erfolgreich erfüllt, so muss man nicht zum Ausgangspunkt zurückkehren und Bericht erstatten. Nein, die Mission ist erfüllt und ihr bekommt an Ort und Stelle eure Belohnung. In Kombination mit der "Überall-Speicherfunktion" also an jedem Ende durchdacht und ein weiteres Indiz für die Güte dieses Machwerks.[img right]148354[/img]
Der Einstieg in die Welt von Xenoblade Chronicles ist eher unsanft. Man fühlt sich wirklich erschlagen von den Möglichkeiten, die dieses Spiel zu bieten scheint. Immer wieder gilt es Kämpfe auszufechten und auch an der ein oder anderen Stelle an großen Gegnern zu scheitern. Hier gilt es dann natürlich seine Levelwerte durch neue Erfahrungspunkte nach oben zu treiben. Dass ein Tod aber in diesem Spiel nicht unbedingt ärgerlich sein muss, liegt nicht zuletzt daran, dass man beispielsweise innerhalb eines Dungeons nicht gleich wieder an den Anfang gesetzt wird. Dadurch fühlt man sich auch ermutigt wirklich jeden Winkel dieser Welt aufzusuchen, was auch regelmäßig mit besonderen Items belohnt wird.
Positiv:
+ epische Geschichte
+ komplexes und spannendes Kampfsytem
+ viele Missionen, Nebenmissionen für Spieler mit Entdeckerdrang
+ hoher Spielumfang
+ tolle Charaktere mit einer gelungenen (englischen) Synchronisation
+ schöne Welten
+ mitreißender Sountrack
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Negativ:[/head]
- hoher Einstiegsaufwand
- mitunter wiederholendes Questdesign
- in schnellen Gefechten kommen die Schwächen der Kamera zum Vorschein
- teilweise schwache Animationen