Nintendo hat mit der Wii eine wahre Revolution im Videospielsektor losgetreten und die generelle Spielmechanik auf den Kopf gestellt. Mittlerweile, und das mag im ersten Augenblick erstaunen, sind es aber gerade die ehrenwerten Entwickler aus Japan, die sich wieder der alten Tugenden besinnen. Die jüngsten Vorzeigetitel wie New Super Mario Bros. Wii oder auch Donkey Kong Country Returns bedienen sich deutlich des klassischen 2D-Gameplays, bei denen kaum noch etwas von der Bewegungssteuerung übrig bleibt. Kenner, mit dem genauen Blick erkennen aber, dass die Innovation in diesen Titeln in ganz anderen Aspekten zu finden sind und genau da setzt nun Kirby und das magische Garn an, denn auch hierbei handelt es sich um ein klassisches 2D-Jump'n'Run, welches zwar in Teilen auch Gebrauch von der Bewegungssteuerung der Wii-Mote macht, aber seine wahren Vorzüge und kleinen Innovationen in anderen Bereichen aufzeigt.
Kirby, die alte Socke...
...ist, wie wir wissen, ein echter Vielfrass. Es überrascht also kaum, dass er bei seinen Streifzügen durch Dreamland eine saftige Tomate nicht einfach achtlos so vor sich hin stehen lassen kann. Genau das kommt ihm auch in den Sinn als er bei seiner jüngsten Tour ein Prachtexemplar vor seinen Augen sieht. Mit einem Happen ist das Teil in seinem Magen, was dem Edelknödel aber leider nicht so gut bekommt. Das Gemüse, so stellt sich heraus, ist von dem gemeinen Zauberer Grimmgarn als Falle aufgestellt worden. Mit Hilfe einer magischen Socke verbannt der fiese Magier unseren kleinen Freund in das Stoffland, um sich in aller Ruhe über Dreamland hermachen zu können. Stoffland ist, wie der Name es wohl schon anzudeuten vermag, ein Land welches nur aus Garn und Faden besteht und im Moment mehr oder weniger im Chaos versinkt. Bevor Grimmgarn das Land verlies, hat er noch für mächtig Ärger gesorgt und die Welt in viele Einzelstücke gerissen. Nun kommt Kirby ins Spiel, der bei seiner Ankunft im Stoffland auf Prinz Plüsch trifft. Dieser erklärt ihm die Situation und dass nur mit seiner Hilfe die Welt gerettet werden kann. Passenderweise würde diese Rettungsaktion auch einen Weg zurück ins Dreamland offenbaren. Großartig! An der Seite von Prinz Plüsch macht sich Kirby nun auf den Weg die Einzelteile von Stoffland wieder zusammen zu nähen, einen Weg zurück in seine Heimat zu finden und Grimmgarn für seine gemeinen Taten zur Rechenschaft zu ziehen. Die Story hat, trotz des Einsatzes einer Socke als dramaturgisches Stilmittel, ganz klar den Flair eines Kinderbuchs, was passend auch von einer Märchenonkel-Stimme untermauert wird. Mit Sinn für Humor und einem Augenzwinkern, bereitet das Ganze aber auch den erwachsenen Spielern viel Freude.
Kirbymorphose
Der Levelaufbau in Kirby und das magische Garn ist sehr klassisch gehalten. Jede Welt beinhaltet mehre Level und am Ende muss man sich einem Bosskampf stellen. Ist dieser Boss besiegt, winkt ein Stück des magischen Garn, der in der Lage dazu ist die einzelnen Teile Stofflands wieder zusammen zu nähen. Das Gameplay ist, im Gegensatz zu besagten Levelaufbau, allerdings ganz und gar nicht klassisch. Kirby ist in diesem epischen Abenteuer nämlich nicht in der Lage seine Feinde aufzufressen und so deren Fähigkeiten zu übernehmen. Das ist aber nicht so schlimm, denn Kirby braucht nicht mehr als ein Stück Faden, mit den er seine Gegner in die Schranken weist. Bewaffnet mit dieser mächtigen Waffe kann er seine Feinde auffädeln und im Anschluss in Form eines Wollknäuels als Wurfgeschoss nutzen. Den Faden nutzt Kirby wie ein Peitsche und kann so horizontal als auch vertikal zuschlagen. Dazu benötigt es nur eines einfachen Tastendrucks auf der Wii-Mote, die bei diesem Titel in der waagerechten Stellung genutzt wird. Gelaufen wird mit dem digitalen Steuerkreuz und wenn es einmal etwas schneller gehen soll, kann man mittels doppelten Druck nach vorne Kirby kurzerhand in ein Auto verwandeln. Damit aber noch nicht genug, denn auch als Faden versteht es Kirby nach wie vor sich in zahlreiche Gegenstände zu verwandeln. Will man sich ganz langsam aus der Höhe nach unten geleiten lassen, so reicht ein zweiter Druck auf den Sprungknopf und schon wird aus unserem Helden ein Fallschirm. Sollten diese Verwandlungsformen dann für Gegner eines größeren Kalibers nicht ausreichen, so gibt es noch die Panzer-, Ufo- oder auch Surfer-Formen. Jede dieser Formen bringen nicht nur schlagkräftige Waffen zum Vorschein, sondern bringt richtig viel Würze ins Spiel. Mal ist die Steuerung dezent durch einfache Bewegungsteuerungen angereichert und mal verwandelt sich das Spiel zu einem Shooter. Die Kreativität der Entwickler bringt uns ein unglaublich abwechslungsreiches Spiel auf die Wii.
[img right]143392[/img] Eine ähnlich hohe Dosis an Kreativität verbirgt sich auch hinter der Stoff-Grafik, die in jeder Welt aufs Neue zu gefallen weiß. Die Detailverliebtheit der Entwickler wird in jeder einzelnen Faser von Kirby und das magische Garn zum Ausdruck gebracht. Nahezu jeder Gegenstand besteht aus Stoff und so kann man beispielsweise ganze Gebäude anhand einer Leine wie einen Vorhang zur Seite ziehen oder auch ganze Landschaften an einem einzelnen Faden aufspulen. Der Stoff wirkt so knudelweich, dass man am liebsten einmal selbst reingreifen möchte. Er gibt nach, wenn Kirby auf ihm herumläuft oder hinterlässt einen Abdruck, wenn Kirby dahinter steht. Die Welt wirkt einfach harmonisch und bietet ein Grafikerlebnis, welches sich vor keiner HD-Konsole zu verstecken braucht.
"Ich brauche mehr Stoff."
Kirby und das magische Garn ist ein Erlebnis und bietet die Möglichkeit sich in einer kunterbunten Welt auszutoben. Generell ist der Titel ein einfaches Jump'n'Run, bei dem, schlicht und ergreifen, das rechte Ende eines Level das Ziel ist. Allerdings gibt es noch einige kleine Dreingaben, die für erneutes Durchspielen begeistern und einen längeren Spielspass sorgen sollen. Jeder Level wird in Form einer Medaille bewertet. Die Bewertung hängt von den eingesammelten Glitzersteinen ab, die zahlreich in Stoffland verteilt sind. Bei jedem Treffer werden euch zwar diese besondern Edelsteine abgenommen, aber wer flink ist, kann sich diese auch wieder zurück krallen. Auch verteilt, aber nicht ganz so großzügig, sind besondere Flicken. Von diesen gibt es in jedem Level zwei, mit denen Kirby sich sein Heim in Stoffland dekorieren kann. Hat man sein eigenes Heim verschönert, so kann man die verbleibenden Flicken zur Dekoration leerstehender Häuser nutzten und so neue Freunde kennen lernen. Jeder dieser Freunde wartet mit kleinen Minispielen auf, bei denen man beispielsweise in einer bestimmten Zeit eine bestimmte Anzahl an Edelsteinen finden muss oder aber in einer vorgegebenen Zeit versteckte Gegenstände finden muss.
[img right]143399[/img] Übrigens, in Kirby ist es nicht möglich zu sterben. Der ohnehin sehr niedrige Schwierigkeitsgrad wird so also auf die Spitze getrieben. Die Entwickler sind konsequent und das in jeder Hinsicht. Wenn man euch nicht glauben schenken will, wenn ihr im Freundeskreis erzählt wie simpel, aber dennoch zauberhaft das Ganze ist, dann ladet doch diese zum gemeinsamen Spielen ein. Der Titel besitzt einen Zwei-Spieler-Coop-Modus, bei dem euer Mitstreiter die Rolle von Prinz Plüsch einnimmt. So kann man sich auch gemeinsam über die Melodien im Spiel erfreuen, die einfach passend und immer abwechslungsreich sind. Spätestens gegen Ende, wenn der Retro-Vorhang aufgeht, beginnt man dann im Chor zu den vertrauten Melodien an mit zu pfeifen. Auch wenn das Spiel keine große Herausforderung darstellt, für das Abenteuer solltet ihr rund acht Stunden einplanen.
Positiv:
+ eine kunterbunte Welt voller Kreativität
+ klassisches 2D Jump'n'Run mit einer einfachen Steuerung
+ dezenter, aber passender Einsatz der Bewegungsteuerung
+ ein grafischer Höhepunkt auf der Wii
+ gelungener Coop-Modus
+ sehr viel Abwechslung
Negativ:
- sehr, (und wir meinen wirklich) sehr, sehr leicht