Alpha Protocol Review
Mit Alpha Protocol wollen uns Sega und Obsidian einen Spiele-Cocktail der ganz besonderen Art servieren. Der Titel rezitiert ganz offensichtlich viele berühmte Agententhriller und bietet eine Mischung aus Action-Stealth- und Rollenspiel. Die Zutaten klingen äußerst verlockend, denn bisher hat es kaum ein Videospiel geschafft diese Elemente miteinander zu kombinieren und dabei gleichzeitig dem Spieler auch noch viele eigene Entscheidungsfreiheiten zu gewähren. Schauen wir also, ob Alpha Protocol so gut runtergeht wie ein geschüttelter Martini...
Alpha Protocol Launchtrailer
Thorton, Michael Thorton
Michael Thorton ist in den Stunden mit Alpha Protocol euer Ebenbild und lässt sich in Form von Frisur und Gesichtsbehaarung ganz nach eurem Geschmack anpassen. Eure Aufgabe als Geheimagent ist es natürlich die Welt zu retten. Wie ihr dabei aber vorgeht, dass lässt euch das Spiel auf weite Strecken selbst entscheiden. Zu den Kulissen seines Schaffens zählen unter anderem Italien, Russland und Saudi-Arabien, was nicht nur auf viele verschiedene Szenarien schließen, sondern auch auf reichlich Abwechslung hoffen lässt. Die Entscheidungsfreiheiten in Alpha Protocol sollen auch das übergeordnete Feature des gesamten Spiels darstellen. Da hätten wir zum Beispiel das Dialogsystem im Spiel, bei der jede Aussage von euch nicht nur das Gespräch, sondern auch den Spielverlauf in völlig andere Bahnen lenken kann. Während der Dialoge werden immer vier Optionen in Form von Schlagwörtern eingeblendet. Man kann beispielsweise auf die Aussage eines NPCs professionell, neugierig, arrogant oder übermütig antworten. Jede Wahl hinterlässt seine Spuren und so entwickeln sich im Laufe des Agentenabenteuers ganz spezielle Beziehungen zu den Figuren des Spiels. Man ist in der Lage Frauen rumzukriegen, Partner zu verärgern oder aus Feinden Freude zu machen. Die Auswirkungen sind oftmals sehr offensichtlich, denn wenn man sich mit bestimmten Personen gut stellt, so gibt es von ihnen für und auch in den Missionen direkte Hilfen. Es kommt aber auch vor, dass man durch die Dialoge an neue Nebenmissionen gelangt und dadurch noch mehr an Erfahrung und Geld gelangt. Besonders lobenswert an dem System ist es übrigens, dass es keine richtigen und falschen Entscheidungen gibt. Euer Gegenüber reagiert einfach auf die Aussagen und es kommt nicht selten vor, dass man einen völlig anderen Effekt erzielt, als man es ursprünglich geplant hat. Dadurch werden die Charaktere in ihrer Authentizität einfach noch mehr gesteigert und man bekommt das Gefühl es mit tiefgründigen Figuren zu tun zu haben. Außerdem kommt fast zu keinem Zeitpunkt das Gefühl hoch, an einer Stelle zurückkehren zu müssen, um einen anderen Weg einschlagen zu müssen. Jeder Weg ist anders, aber bildet eine befriedigende Variante. Man kann einfach seinem Spielfluss freien Lauf lassen. Alpha Protocol schafft es tatsächlich euch an bestimmten Stellen ins Grübeln zu bringen...lassen wir den Verräter laufen, nachdem wir seine Motivation erfahren haben oder erschießen wir ihn? Retten wir die Frau oder entschärfen wir lieber die Bombe? Ihr müsst selbst entscheiden und nicht selten unter Zeitdruck. Zwar ist, wie bereits erwähnt, jede Entscheidung nachvollziehbar und mündet in einer befriedigenden Story, aber gerade durch dieses System ist ein erneutes Durchspielen des rund 12-15 Stunden langen Agentenabenteuers sicherlich motivierend.
Agenten-RPG
Ein weiterer wichtiger Aspekt in Alpha Protocol, der euch eure Freiräume lässt, verbirgt sich hinter dem Level- und Fähigkeitensystem. Abgeschlossene Haupt- und Nebenmissionen bringen Erfahrungspunkte und diese können für ein individuell zugeschnittenen Agenten eingesetzt werden. Bevorzugt ihr es mit der groben Kelle die Missionen anzugehen, so wäre ein verbesserter Umgang mit Waffen hilfreich, will man sich lieber unbemerkt vorarbeiten, so ist es ratsam seine Hack-Fähigkeiten auszubauen, um so alle Sicherheitssysteme noch schneller umgehen zu können. Die Latte an verschiedenen Attributen ist zahlreich und auch auf jede einzelne Waffe kann man seinen ganz persönlichen Fokus legen. Wir haben uns beim ersten Anlauf für einen recht actionreichen Weg entschlossen und uns mit dem Sturmgewehr ausgestattet, die Nahkampskills hochgeschraubt und uns auf das allgemeine technische Verständnis zum Hacken der Systeme spezialisiert. Es ist durchaus ratsam sich einen gewissen Rahmen zu setzen, denn versucht man sich in allen Bereichen auszutoben, so ist man früher oder später zum Scheitern verurteilt. Erreicht man einen bestimmten Punkt im Levelsystem, so werden übrigens ganz besondere Fähigkeiten freigeschaltet. Ein Meister der Tarnung verfügt beispielsweise mit genügend Erfahrungspunkten über die Fähigkeit lautlos zu laufen. Das kann besonders hilfreich sein, wenn man sich einem weit entfernten Feind von hinten näher will, um ihn so klammheimlich um die Ecke bringen zu können.
Alpha Protocol verfügt über ein gelungenes Dialogsystem.[/i]
Zwischen jeder Mission begibt sich Agent Thorton zurück zu seiner Basis. Von hier aus kommuniziert er mit seiner Außenwelt über eine Kommandostation. Virtuell kann er sich hier auf dem Schwarzmarkt begeben und neue Waffen und Rüstungen anlegen. Übrigens greift auch hier das Beziehungsgeflecht, denn baut man sich via Mail und anderer Kommunikation gewisse Beziehungen auf, so steigert sich die Anzahl der Bezugsquellen und somit auch die Auswahl an Waffen im Shop. Im Computersystem wird darüber hinaus auch jede Aufzeichnung die man in den Missionen gesammelt hat, in Dossiers festgehalten. Man kann also auf eine Datenbank zugreifen und sich ganz genau anschauen, was man alles über jede begegnete Person und Einrichtung im Spiel schon in Erfahrung gebracht hat. Ein regelmäßiger Blick auf euer E-Mail Postfach ist auch von großer Wichtigkeit, denn hier werden neben belanglosen Anekdoten auch gerne mal genauere Informationen zur Story preisgegeben. Ähnlich wie in den Gesprächen müssen einige Mails mittels der vier zur Verfügung stehenden Stimmungsoptionen beantwortet werden. Die Brücken zwischen den Missionen und der Pfaden der Story wird hier ausgebaut und nur wenn man sich alles zu Gemüte führt, versteht man alle Zusammenhänge. Auch während der Mission gehackte Computer können nach Mails durchforstet werden, so dass euer Dossier stetig anwächst. Aber erschreckt nicht, das alles mag sich im ersten Augenblick komplexer anhören, als es tatsächlich ist. Das Ganze spiegelt einfach nur sehr schön die Ambitionen der Entwickler wieder, die hier etwas Großes schaffen wollten. Leider krankt das Spiel dafür an anderen Stellen.
Jetzt geht es ans Eingemachte...
Die Schere zwischen der Ambition und der tatsächlichen Umsetzung lässt sicher sehr einfach anhand eines Beispiels erklären. Das Feature, einzelne Computersysteme hacken zu können, Sicherheitskameras lahm zu legen und auch Schlösser zu knacken klingt sehr interessant. Durch den RPG-Anteil kann man seine Fähigkeiten in diesen Bereichen sogar ausbauen und auch nur so an die ganz geheimen Informationen gelangen, aber wie das Ganze dann im Gameplay umgesetzt wurde, ist leider deutlich ernüchternder. Das Hacken eines Computersystem beispielsweise wird in einem Minispiel durchgeführt. Man bekommt eine Matrix aus vielen Zahlen und Buchstaben vorgesetzt und muss hier zwei bestimmte Kombinationen raussuchen. Die Schwierigkeit hierbei ist, dass alle Zahlen und Buchstaben ständig wechseln und nur die gesuchten Reihen konstant stehen bleiben. Das mag sicherlich sehr einfach klingen, doch aufgrund der tickenden Uhr und dem sehr verwirrenden Anblick gestaltet sich das Ganze doch sehr zäh. Hin und wieder ein solches Minispiel abzulegen ist sicherlich nicht das Problem, aber leider lebt das Spiel eben davon, dass solche Hacks ständig durchgeführt werden müssen. Ähnliches gibt es vom Saveknacken oder auch der Überbrückung der Sicherheitssysteme zu berichten. Diese Differenz zwischen der ambitionierten Herangehensweise und der tatsächlichen Umsetzung lässt sich aber noch ein weiteren Beispielen ausmachen. Da wären zum Beispiel die Kämpfe und Schussgefechte, die in ihrer Form nun wirklich nichts besonderes darstellen. Auch technisch haben wir es höchstens mit gesundem Mittelmaß zu tun. Einzig die sehr umfangreiche Sprachausgabe (nur in englisch) ist auf einem höheren Niveau anzusiedeln.
Positiv:
+ spannende Agentenstory
+ durchdachtes Level- Dialog- und Beziehungssystem
+ viele Möglichkeiten der Individualisierung (Waffen, Ausrüstung, Fähigkeiten)
+ gute englische Sprachausgabe
+ hoher Wiederspielwert
+ umfangreiche Hintergrundinformationen zu allen Personen und Einrchtungen
Negativ:
- 08/15 Gameplay mit wenigen Besonderheiten
- schwache KI Gegner und Missionsdesigns
- veraltete Grafik
- die zahlreichen Minigames nerven sehr schnell